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Vinometer, Acidometer, Oechslewaage, pH-Meter, Refraktometer usw.
BruderTack
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Beitrag von BruderTack »

Aloha!

Aus verschiedenen Gründen mache ich mir seit geraumer Zeit Gedanken zur alternativen aber trotzdem möglichst exakten Bestimmung der Zucker-/Alkoholkonzentration. Und wie so oft sind sie auch akademischer Natur... ;)

Ich habe mich gefragt ob es wohl möglich ist, aus einem, mit einem Vinometer gemessenen Wert, den exakten Alkoholgehalt zu berechnen, wenn die gemessene Substanz erheblich mit Zucker "verunreinigt" ist und somit einen verfälschten Messwert liefert.

Hm, der Satz ist jetzt irgendwie ein bisschen Sperrig... naja.

Ursprung dieser Überlegung war schlicht und Ergreifend, neben der Ungeduld die einen jeden Winzer irgendwann einmal überkommt und meinem Hang Ansätze zu vergessen wenn ich nicht täglich mit ihnen spreche, hierzu an anderer Stelle mehr ;) , der Umstand, dass ich überwiegend Honig vergäre und mir immer etwas sorgen um das Absterben der Hefen und der daraus resultierenden Weinfehler mache.

Meine Güte, was ist denn heute blos los? Wenn das so weiter geht sollte ich mal besser mein Wissen über die deutsche Interpunktion auffrischen.

Wo war ich?
Ach ja.

Ist es möglich das exakte Verhältnis von Zucker/Alkohol aus einer fehlerhaften Alkoholmessung zu errechenen, wenn man alle Substanzen im Weinballon, sowie die Methode des Messens kennt?

"Bitte begründen Sie Ihre Antwort!" hieß es, glaube ich, in der Schule immer... ;)
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matzl0505
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Beitrag von matzl0505 »

BruderTack hat geschrieben:Ist es möglich das exakte Verhältnis von Zucker/Alkohol aus einer fehlerhaften Alkoholmessung zu errechenen, wenn man alle Substanzen im Weinballon, sowie die Methode des Messens kennt?
Das ganze ist ein rein mathematisches Problem.
Wenn du, wie du schreibst, alles kennst, was im Ballon ist, ausser dem Exakten Alkoholgehalt,
hast du mathematisch gesehen eine Gleichung mit einer Unbekannten. Alles kein Problem und somit lösbar.

Leider bleibt das trotzdem utopisch, weil du NIE alle Substanzen kennen wirst, die in einem Wein enthalten sind.
Somit hast du eine Gleichung mit mehreren Unbekannten, für die du keine eindeutige Lösung bekommst.

Was du jetzt tun kannst, ist die anderen Variablen anhand von Schätzungen und Erfahrungswerten ungefähr anzunähern und damit deine Gleichung so zu füllen, dass du nur noch eine Variable, den Alkoholgehalt hast. Dann hast du das Problem mithilfe von Schätzungen, die natürlich die Genauigkeit des Endegebinsses verfälschen gelöst.

Aber im Prinzip ist das genau das, was das Vinometer versucht zu tun. Den "Erfolg" dieser Messung kennen wir alle denke ich viel zu gut.

gruß
Marius
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BruderTack
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Beitrag von BruderTack »

Interessante Überlegung...

Soweit ich die Thematik verstanden habe sind für unsere Betrachtung nur die Zuckerkonzentration und der Alkoholgehalt von nennenswerter Bedeutung, da wir zum Einen auf die übrigen Faktoren kaum Einfluss nehmen können und zum Anderen die Nachzuckermethode zur genauen Messung ebenfalls nur das Reduzieren des Zuckergehaltes vermag.

Oder mathematisch ausgedrückt: Von den vielen beteiligten Variablen sind nur der Zucker und der Alkohol linear abhängig. Folglich haben die linear unabhängigen Variablen keinen Einfluss auf die Gleichung und können ignoriert werden.

Meine ursprünglihe Überlegung ging in folgende Richtung:
(I) Wenn Zucker den Alkoholmesswert verfälscht, können dann "reine" Zuckerlösungen exakt mit dem Vinometer gemessen werden? Ich denke ja, siehe Öchsle
(II) Das Vinometer misst in "reinen" Alkohollösungen den Alkoholgehalt.

Wenn (I) und (II) gelten, sollte eine Mischlösung rechnerisch in ihre Bestandteile zerlegbar sein.

Beispiel:
Gegeben sei ein beliebiger Weinansatz und Zucker welcher zu 10% Alkohol vergären würde.
Das Vinometer zeigt für Wasser 0% Alkohol.
Des weiteren würde es für den vollständig vergorenen Ansatz 0% Alkohol zeigen,
und für die Wasser Zucker Lösung n% Alkohol.
Nach einigen Tagen zeigt das Vinometer 5% Alkohol.
Wüsste man nun um welchen Wert n bei der Vergärung von x% Alkohol abnehmen würde ließe sich die Zusammensetzung errechnen.

Ich bilde mir nicht ein das wir diese Frage intellektuell lösen können, aber gibt es hier vielleicht einen Chemieabsolventen der soetwas mal gelernt haben könnte?

Ich denke da zB. an einen ganz bestimmten... ;)
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matzl0505
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Beitrag von matzl0505 »

Vom Prinzip hast du recht, aber so einfach ist es trotzdem nicht.

Da sind zwei Punkte die noch relevant sind:
BruderTack hat geschrieben:Von den vielen beteiligten Variablen sind nur der Zucker und der Alkohol linear abhängig.
Leider nein, auch zB Glycerin spielt eine Rolle. Genauso wie andere gelöste Kohlenwasserstoffverbindungen (zb. (flüchtige) Säuren).

Und zweitens ist das ganze rechnerisch auch nicht so leicht in den griff zu bekommen, da die Höhe der Flüssigkeitssäule kaum linear zu irgendwas verläuft.

Sie ist auf der einen Seite indirekt Proportional zur Dichte, auf der anderen direkt Proportional zur Oberflächenspannung und noch abhänig vom Kosinus des Kontaktwinkels.

Jetzt hängt sowohl die Dichte, als auch die Oberflächenspannung von der Zusammensetzung aus Alkohol und Zucker und Glycerin und was weiß ich ab.
Der Kontaktwinkel selbst hängt wiederum von der Oberflächenspannung, der Oberflächenenergie und der Grenzflächenenergie ab. Diese drei selbst hängen dann auch wieder von der Zusammensetzung von Alkohol und Zucker und Glycerin und... ab.
Nicht zuletzt spielt auch noch der Radius der Kapilare eine Rolle. Bei den Billigvinometerdingern würde ich mich nicht drauf verlassen, dass der vollkommen Konstant ist.

Viel Spass... :D

gruß
Marius


Edit:
BruderTack hat geschrieben:aber gibt es hier vielleicht einen Chemieabsolventen der soetwas mal gelernt haben könnte?
Wohl kaum....die Messung mit dem Vinometer ist reine Physik. Das hat mit Chemie nix zu tun.

[Dieser Beitrag wurde am 20.04.2011 - 19:08 von matzl0505 aktualisiert]
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

BruderTack hat geschrieben:Ist es möglich das exakte Verhältnis von Zucker/Alkohol aus einer fehlerhaften Alkoholmessung zu errechenen, wenn man alle Substanzen im Weinballon, sowie die Methode des Messens kennt?
Ich glaube nicht, das ist zu komplex, wie Matzl0505 schon festgestellt hat. Aber eine "garstige" Frage habe ich noch: Wie willst du "alle Substanzen" bestimmen, und dann womöglich noch mit Konzentration, bestimmen, wenn das mit Hausmitteln schon beim Alkohol nicht klappt?

Was vielleicht irgend wie in die von dir gewünschte Richtung geht ist die Weinwaage:

Forum-Link … 556-0.html

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Beitrag von MetNewbi »

Hallo,

darüber habe ich auch schon mal vor längerer Zeit nachgedacht. Theoretisch könntest du den Ballon wiegen und das so indirekt die entstehende CO2 Menge ermitteln. Damit hättest du die abgebaute Zuckermenge und über das Volumen des Weines den Alkoholgehalt :shock:
Soweit die Theorie...
Allerdings bezweifle ich das das Ganze genauer wird, als das Schätzeisen von Vinometer ?-|
Zum einen erzeugt die Hefe nicht nur Alk und CO2, sondern Glycerin, teilweise veratmet sie etwas Zucker komplett... und, und, und...
Außerdem verdunstet Wasser aus dem Gäraufsatz, das verfälscht ein Ergebnis durch Wiegen ebenfalls. Ok, dagegen könnte man Önologisches Öl nehmen...
Dann kannst du aber nicht mehr zwischendrin kosten, da sich dann Gewicht und Volumen ändern :schlecht:

Ich messe mit der Öchslewaage vor- und nach dem Nachhonigen, außerem zuvor mit dem Vinometer. Da ich immer mit Portweinhefe vom Belgier arbeite, und somit eigentlich einen sehr ähnlichen Mix an Begleitprodukten (Glycerin) erhalte, ist mein Messfehler theoretisch jedes mal in der selben Größenordnung und ich habe für mich einen recht brauchbaren Vergleich.

Gruß Gerald
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

...und die Hefe erzeugt viel Biomasse, in welcher ein Teil des Zuckers ebenfalls fixiert wird; eine weitere "Fehlerquelle".
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Beitrag von MetNewbi »

Fruchtweinkeller hat geschrieben:...und die Hefe erzeugt viel Biomasse, in welcher ein Teil des Zuckers ebenfalls fixiert wird; eine weitere "Fehlerquelle".
dadurch ändert sich aber nicht die Gesamtmasse, nehme ich mal an
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Nein, die Masse nicht, aber die es ändert die Stöchiometrie Kohlendioxid/Masseverlust zu entstandenem Alkohol.
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Beitrag von BruderTack »

Ok, ich gebe mich geschlagen! ;)

Hätte mich auch wirklich gewundert wenn das jetzt so einfach gewesen wäre und noch keiner daran gedacht hätte.

Und ich muss einfach mal sagen, das es richtig erfrischend ist, in einem Forum so fachkundige und kompetente Resonanz zu bekommen!
Und nicht nur Kommentare a là: "ist doch egal, ich mache es einfach so uns so..."
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

BruderTack hat geschrieben:Und nicht nur Kommentare a là: "ist doch egal, ich mache es einfach so uns so..."
Kann doch jeder (und auch wir manchmal) :D
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Beitrag von vladdi78 »

Ich hätte da vielleicht noch eine Alternative: Gaschromatographen. ?-|
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