Gärung bei 0 Öchsle?

Bombaldin
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Gärung bei 0 Öchsle?

Beitrag von Bombaldin »

Hallo,

ich habe vor einigen Tagen meinen ersten Apfelwein in Flaschen abgefüllt. Seit 3 Wochen hat sich im Gärröchen nichts mehr geregt und die Öchslewaage zeigt exakt 0 an. Der Wein war bereits zweimal abgezogen und ist geschmacklich genial. Also habe ich den Restwein der noch im Ballon war, in Flaschen gefüllt, lauthals über diesen sch... ZweihandKorkenVernichter geschimpft :( und letztenendes den Wein in gespülte Milch- und Saftflaschen gefüllt. Wenn ich die Flaschen nun öffne, höre ich ein Zischen.

Die Frage: Kann ein Wein, der laut Öchselwaage keinen Zucker mehr hat noch gären? Falls ja, besteht die Gefahr, dass mir die Flaschen um die Ohren fliegen? :?:
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Fruchtweinkeller
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Gärung bei 0 Öchsle?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hallo im Forum!

Die Antwort auf Deine Frage ist: Ja, da kann durchaus noch etwas gären. Warum? Erstens schmeckt Dein Wein gerade genial. Du hast uns zwar das genaue Rezept nicht verraten, aber erfahrungsgemäß schmeckt ein Wein ohne jeden Restzucker absolut sauer und ist ungenießbar. Das erste Indiz für vergärbaren Restzucker.

Die Oechslewaage zeigt Dir lediglich an dass die Dichte der Flüssigkeit der Dichte von Wasser entspricht. Nicht mehr, nicht weniger. Zucker erhöht die Dichte, Alkohol erniedrig die Dichte. In einer Alkohol/Zuckerlösung kann man mit der Oechlsewaage deshalb den Zuckergehalt nicht bestimmt (ebenso kann man in einem solchen Gemisch den Alkoholgehalt nicht mit einem Alkoholometer bestimmen).

Genauer erklärt ist das ganze auf der Homepage:

www.fruchtweinkeller.de/Wine/analytik.html
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The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
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Birgit
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Beitrag von Birgit »

bombaldin hat geschrieben:Falls ja, besteht die Gefahr, dass mir die Flaschen um die Ohren fliegen?
Ja, auf jedenfall :schlecht: Du brauchst nur 28g/l Zucker, um 6 bar Überdruck in deiner Flasche. Das ist mehr als in deinem Autoreifen ?-|

Gruß Birgit
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Sorry, aber ich antworte nicht auf PMs, die inhaltlich ins Forum gehören!

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fibroin
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Beitrag von fibroin »

Diese Erfahrung habe ich auch mit Apfelwein gemacht. Der ist monatelang ruhig, und wenn er auf die Flasche kommt, dann beginnt er ein neues Leben! :D

Tipp der Apfelweinmacher: Direkt aus dem Fass trinken! 8-)
Wenn du dich wohlfühlst, mache dir keine Sorgen. Das geht wieder vorbei.
Tom
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Beitrag von Tom »

hallo!

Fiboins tipp ist top :D .

aber wenn du deinen wein in flaschen lagern und reifen lassen willst, do lasse ihn noch einige monate im fass. wenn du wärendessen noch 1-2 mal abziehst und jedesmal 1-2 tage vorher etwa 50mg/l kaliumpyrosulfig darin auflöst, wird´s dir der wein danken :-x und du bekommst auch noch einen schonen klaren wein obendrein :ugeek: . und da der most dann durchgegoren ist, wird auch nicht´s mehr zerreisen :!: .
Bombaldin
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Beitrag von Bombaldin »

Hallo,

besten Dank für Eure Tipps. Es ist wirklich toll wie schnell man über das Forum Antwort kriegt. :P

Der Apfelwein geht jetzt wieder in ein Fass und von dort direkt ins Glas. Bei dem momentanen "Schwund" :schlecht: wird er sowieso keine Monate halten....


Gruß vom Bodensee
Thomas
MSBerlin
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Beitrag von MSBerlin »

Hallo allerseits.
Ich hoffe, dass ich mit meinem Problem hier richtig bin. Ich hatte gestern Abend meinen Weißwein aus dem letzten Jahr wieder probieren wollen.
Dabei stellte ich fest, dass er helle Ablagerungen in der Flasche zeigte. Ich ah mir die anderen Flaschen ebenfalls an. Alle hatten diese Ablagerungen, die sich bei Bewegung auflösten.
Ich öffnete eine Flasche und hatte einen Überdrück in der Flasche. Der Wein roch und schmeckte nach sehr trockenem Sekt.
Heute habe ich das Ganze einmal mit dem Oechlsemeter gemessen.
Da rauscht die Spindel in den Abgrund und zeigt "Null" an. Mit dem Vinometer wurden 9% Alkohol "gemessen".
Die Gesamtsäure stellte ich mit 10,2 g/L fest.
Ich bin der Meinung, dass da noch etwas zu retten ist. Ich hatte da an eine Aufzuckerung gedacht.
Es sind noch 8 Liter Wein. Wenn ich jetzt dafür mit den 2,6 g/L aufzuckere, kann ich das so lange machen, bis der Wein wieder harmonisch schmeckt? Sind noch Hefen vorhanden, so dass eine weitere Gärung stattfindet? Es müßte ja bald so sein.
Was mache ich mit der Säure? Soll ich dafür den Zucker mit der entsprechenden Menge Wasser ansetzen, um die Flüssigkeit zu strecken?
Zum ehemals angesetzten Wein noch einige Daten.
Es handelte sich um Most der Traube Phönix.
Der Most hatte 60 Oe, den ich auf 80 Oe aufzuckerte.
Es waren insgesamt 20 Liter.
Angesetzt habe ich mit der Hefe Bernkastel und 8 g. Nährsalz. Der Ansatz hatte eine Gesamtsäure von 8 g/l.
Als ich den Wein nach der natürlichen Klärung (ohne Filterung) und mehrmaligen Abziehen auf Flaschen zog, hatte der Wein 11% Alokohol.
Eine erneute Säuremessung hatte ich leider nicht gemacht. Der Wein schmeckte zu dem Zeitpunkt trocken.
Und nun das. :schlecht:
Lieber Wein lesen als gar keine Literatur.
(Den Spruch fand ich in einer Weinstube an der Mosel)
Tompson
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Beitrag von Tompson »

Also der Bodensatz dürfte laut dem Überdruck und dem Sektgeschmack aus Hefe bestehen - Du hast eine Nachgärung.
Die Säure wäre mir zu hoch.
Schau mal hier:
Thread
da hat der Fruchtweinkellermeister auch über seine Trauben und der Ausfällung von Säure berichtet.
Oder stand hier :?:
Pfalzneuigkeiten

Nur Zucker zugeben hilft nicht, das überdeckt zwar die Säure geschmacklich etwas aber Du kannst immer noch Deinen Magen verbiegen ?-|

Aber zu machen ist da schon noch was, macht halt nur Arbeit. :|

Du solltest evtl. die Anschaffung eines Filters überdenken, denn wenn Du jetzt nachzuckerst, kann das mit der Nachgärung (unabhängig, was jetzt die Säurefällung ergibt) so weitergehen. Da hilft nur sterilfiltern.
Oak ne jechn!
Dreizehn
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Beitrag von Dreizehn »

Oechslemeter/Vinometer: zur Messproblematik bitte mal in der HP das Thema Analytik bzw. die entsprechenden Beiträge lesen. Ablagerungen: falls das sehr kleine Flocken sind, so kenne ich die auch von meinen Weinen (sind ungefiltert); obwohl bei der Abfüllung sehr klar, kann sich nach nach längerer Lagerung ein Minidepot bilden, ich stelle die Flasche 2-3 Tage vor dem Öffnen aufrecht und fülle dann vorsichtig um, kein Problem, habe auch sonst keine geschmacklichen Beeinträchtigungen festgestellt.
Alkohol: 11 Vol% bei Abfüllung und jetzt 9 Vol%????? Theoretisch müsste der Wein bei 80 °Oe ca. 10,4 Vol% Alkohol haben. Falls dein Messwert mit 11 Vol% bei Abfüllung einigermaßen richtig war, wäre aller Zucker vergoren... Aber jetzt 9? Keine Ahnung. Vielleicht stammt der Überdruck aus einer Milchsäuregärung. Ist eigentlich Weinstein ausgefallen?
Aufzuckern ohne anschließende Sterilfilterung macht den Wein instabil.
Mit Gärung: Ob Gärung funktioniert, falls überhaupt noch Hefen vorhanden sind, ebenfalls keine Ahnung. Der Wein müsste besser mit einer Spezialhefe "umgegärt" werden. Ich beschäftige mich gerade selbst damit.
Säure: nur nicht mit Wasser verdünnen, dann kannst du den Wein endgültig abschreiben. Mit Weinkalk entsäuern.

Grüße, Dreizehn
MSBerlin
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Beitrag von MSBerlin »

Danke Dreizehn, Danke Tompson.

Vor lauter Lesen hier im Forum, schwirrt mir der Kopf. Von jedem Thread kommt man auf weiterführende Artikel.
Wenn ich in der Analytik unterwegs bin, weiß ich dann später bei der Säure oder der Hefe schon nicht mehr, was ich vorher eigentlich wissen wollte. Aber ich schätze, dass geht jedem Anfänger erst so. Man wird erschlagen von soviel Erkenntnissen.

@Dreizehn
Es war kein Weinstein vorhanden.

@Tompson
Über die Fertigung eines Filters habe ich auch schon nachgedacht. Es ist hier ja von "Josef" eine sehr gute Apparatur erstellt und vorgestellt werden.
Die Zutaten werde ich mir jetzt besorgen und dann mal sehen.

Ich habe den Wein erst einmal wieder in einen Ballon gefüllt und mit einem Gärverschluß weggestellt.
Für das Weitere muß ich erst noch einmal weiterlesen und die Säurefällung ins Auge fassen. Mal sehen was wird. Zum Erfahrungen sammeln reicht der Ansatz immer noch.
Ich melde mich später noch mal, wie es geworden ist.
Erst einmal schöne Grüße aus der Emslandsonne.
:schlecht:
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Birgit
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Beitrag von Birgit »

@msberlin

Das bei Dir eine Nächgärung stattgefunden hat ist ziemlch eindeutig. Überdruck in der Flasche, Geruch nach Sekt, Wein trockener als vorher (kann aber bei der Nachsüßung mit Haushaltszucker ohne Nachgärung passieren).
Nun zu den Messwerten. Die Messung mit der Oechslewaage vergessen wir sofort. Weil nur unvergorener Saft gemessen werden kann.
Zu den erst 11% jetzt 9%. Bei den normalen Vinometern ist eine Messungenauigkeit von 2% normal, hast Du vielleicht das Vinometer gewechselt? Außerdem verfälscht Kohlensäure das Messergebnis. Muß vorher herausgerührt werden.

Die höhreren Messwerte bei der Säure sind meiner Meinung nach auch auf die Kohlensäure zurück zu führen. Hätte eine Milchsäuregärung statt gefunden, müßte der Säuregehalt geringer sein.

Was kannst Du nun tun?

Da Du eine Nachgärung hast, sind Hefen vorhanden. Allerdings sind es so wenige, das eine weitere Gärung sehr langsam voran geht. Aber Nachzuckern wird deshalb wieder zu Sekt führen.

1. Du kannst die Gärung unterbinden durch Kaliumsorbat, dieses kann aber zu einem unerwünschten Nachgeschmack dem Geranienton führen.

2. Du kannst pasteurisieren. Bei diesem Verfahren altert der Wein schneller und der Wein ist sofort danach nicht sehr trinkbar, da ein verstärkter Geruch nach Schwefel vorhanden ist.

3. Zuckern und Sterilfiltrieren (brauche ich glaube ich nicht erklären).

4. Wein kühl stellen und schnell verbrauchen.

5. Umgären mit einer Hefe die dafür geeignet ist.

Wenn Du umgärst oder den Wein erneut bearbeitest, solltest Du unbedingt über eine Säurefällung nachdenken.

So ich hoffe ich habe nichts vergessen.

Gruß Birgit

[Dieser Beitrag wurde am 12.10.2005 - 12:42 von Birgit aktualisiert]
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Birgit
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Beitrag von Birgit »

Hallo msberlin, Du hattest geantwortet während ich mein Posting geschrieben habe.
msberlin hat geschrieben:Ich habe den Wein erst einmal wieder in einen Ballon gefüllt und mit einem Gärverschluß weggestellt.
Du hast den Wein hoffentlich geschwefelt beim Umfüllen in den Ballon?

Bei einem 10l Ballon gefüllt mit knappen 8l Wein hast Du ein erhebliches Luftvolumen. Weisswein ist relativ oxidationsgefährdet, außerdem verliert er seine typische Frische und ein neues CO2-Polster wird sich aufgrund der geringen Gäraktivität nicht bilden.

Gruß Birgit

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