Maischestandzeit

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ostarrichi
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Maischestandzeit

Beitrag von ostarrichi »

Hallo!

Lange nicht gemeldet, aber nun brennt mir eine Frage unter den Nägeln. Wie schafft man/ihr es, eine Maischestandzeit von 3 Wochen oder mehr einzuhalten ohne dass sofort der BSA beginnt?

Nach dem Studium der einschlägigen Literatur ist gerade bei tanninbetonten Sorten eine lange Maischestandzeit vorteilhaft, da eine bessere Phenolextraktion stattfindet und weniger adstringierendes Tannin in den Wein übergeht (eigentlich mehr, aber der Wein wird angeblich dadurch runder). Empirisch belegt ist da wenig, gerade bei subjektiv unterschiedlich beurteilten Dingen wie Geschmack auch nicht wirklich mögl. - erinnere mich hier nur an eine Flasche Wein aus der Toskana die sich ähnlich einer lokalen Betäubung im Mund verhielt.

Nun werde ich einen etwa 23-24°C warmen Raum für die Maische haben und einen Keller mit etwa 12-14°C - irgendwelche Ideen wie ich das dann anstellen könnte?

P.S.: Ein Bericht zum ersten Pflanzjahr meiner CabCortis und Regent folgt ;)
matzl0505
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Maischestandzeit

Beitrag von matzl0505 »

Hallo,
um den BSA brauchst du dir eigentlich keine Sorgen machen. Der tritt normalerweise erst nach der Gärung oder im nächsten Frühjahr auf.

gruß
Marius
Wie wird das chemische Element Brom gewonnen?

Man nimmt eine Handvoll Brombeeren, lässt diese zur Erde fallen. Die Beeren verbinden sich mit der Erde zu Erdbeeren und Brom wird frei."


Es gibt 10 Arten von Menschen. Die, die das Binärsystem verstehen und die, die es nicht verstehen.

juno
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Maischestandzeit

Beitrag von juno »

Maischestandzeit wie Du es hier meinst gibt es nicht. Die Roten Trauben werden entrappt, und die gequetschten Beeren mit der Hefe in den Gärbehälter gegeben. Nun beginnte Deine sogenannte Maischestandzeit, indem der aus der Gärung entstandene Alkohol die Farbe aus den Traubenschalen herauswäscht. Je länger Du die Schalen drinnen läßt, umso mehr Farbe und auch Tannin usw. geht in den Wein über.

Aber Vorsicht! Wie lange Du die Schalen bei der Gärung beläßt, ergibt dann natürlich auch den dementsprechenden Geschmack! Also laß die nicht zu lange drin!

In der Regel sollten 3-7 Tage reichen um genügend Farbe und Tannin in den Wein zu bekommen. Nach dieser Zeit sollte man abpressen.

Die Maischegärung kann und soll man bei Zimmertemperatur durchführen, nach dem abpressen kann dann die Gärung etwas kühler ausfallen um mehr Aroma zu erhalten.

juno
Gott hat uns nicht nur die Reben, sondern auch den Durst dazu gegeben. Drum trink, solange die Flasche winkt, nütze Deine Tage, ob man im Himmel weiter trinkt, daß ist die entscheidende Frage.
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Mir kommt eine so lange Standzeit auch eher "exotisch" vor. Da werden sich vermehrt Gerbstoffe aus den Kernen lösen die vor allem bitter schmecken.

Angeblich nimmt die Bitterkeit mit steigendem Gerbstoffgehalt ja langsamer zu als die Adstringens. Das heißt aber nicht dass die Adstringens mit steigendem Gerbstoffgehalt nicht trotzdem zunimmt ;)

[Dieser Beitrag wurde am 17.09.2011 - 00:23 von Fruchtweinkeller aktualisiert]
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robertovino
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Maischestandzeit

Beitrag von robertovino »

Hallo

Grundsätzlich wird zwischen 2 völlig unterschiedlichen maischegärungen unterschieden.

Burgundertyp: Bis 1 Woche Maischegärung, und so verfahren die meisten hobbywinzer, da weniger Risiken von fehltönen.

Bordeauxtyp: 3-4 Wochen,Mikrooxidation wird gefördert, und bereits nach 2 Tagen Maischegärung schon BSA Zuatz ! da hier bei südländischeen Trauben der BSA eh nicht zu unterdrücken ist. Für hobbywinzer sehr risikoreich.

Phenolextraktion- eine völlig richtige Frage.
Erst werden die Anthocyane extrahiert, die weniger wasserlöslichen Catechine erst später mit steigendem Alkoholgehalt. Und die Catechine sind nun mal wichtig zur Fixierung der Rotweinfarbe durch Copigmentierung. Anthocyane allein sind relativ instabil. ein rotgefärberter Most ist noch kein Rotwein.

Nun hängt es von deiner Traubensorte ab, wieviel Catechine überhaupt vorhanden sind. Dornfelder zB hat viel Anthocyane und wenig Catechin. Um genügend Catechin in den Most zu bekommen wird daher meist keine Maischegärung gemacht sondern einfachere Kurzzeiterhitzung. Oder Spätburgunder als Catechinlieferant zugesetzt. Oder schnell getrunken.

Für hobbywinzer, in unseren nordischen Klimas, sind für die meisten Rebsorten ca 7 Tage Standzeit das Optimum. Entscheiden darfst du das selbst, nach deinem Geschmack und Risikobereitschaft.
Ich selber will irgendwann schon mal die Bordeauxvorgehensweise riskieren.

Grüße

Robert

[Dieser Beitrag wurde am 19.09.2011 - 09:27 von robertovino aktualisiert]
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Beitrag von ostarrichi »

Juno hat geschrieben:Maischestandzeit wie Du es hier meinst gibt es nicht.
Ich glaube doch, habe ich doch erst kürzlich wieder mit einem Winzer über Maischestandzeit (bei seinem Pinot Noir 35 Tage, natürlich ist da der Wein bereits lange fertig vergoren) gesprochen, leider aber auch keine Zeit gefunden dies näher zu erläutern. Nebenbei bemerkt schmeckt der Wein (JG 2009) sehr urwüchsig, kräftig aber dennoch finessenreich und mit deutlicher Erdbeere. Es wird wohl hier auch auf Gesundheit und Qualität der Trauben an.

Eine kurze Maischestandzeit wie ihr sie beschreibt (3-7 Tage) führt dann dazu, dass nicht auf der Maische fertig vergoren wird - eine gewisse Aromen-/Tanninextraktion wird sicherlich fehlen, im Gegenzug natürlich bekommt man eine höhere Wahrscheinlichkeit einen fehlerfreien Wein zu keltern.
Ob das (weniger Tannin, Extraktion) denn erwünscht ist, ist die andere Sache, ich möchte jedoch 1.) massiv Ertrag reduzieren, ergo Qualität und frühere geschmackliche und phenolische Reife provozieren und 2.) dem Wein Rückgrat verpassen.

Solange das mit dem BSA keine große Sache ist, nehme ich das Risiko dann einmal gerne in Kauf, vielleicht muß man das Tanninmonster dann erst 2-3 Jahre zähmen aber solange halte ich es wohl aus ;)
Fraglich ist wohl eher ob genügend Tannin bei unseren stark schwankenden 1550-1750 Sonnenstunden/Jahr dabei rauskommt. Danke für eure Antworten, weiß nun wieder ein wenig weiter auf meinem Weg zum ersten Wein!

[Dieser Beitrag wurde am 19.09.2011 - 20:42 von ostarrichi aktualisiert]
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

ostarrichi hat geschrieben:1.) massiv Ertrag reduzieren, ergo Qualität und frühere geschmackliche und phenolische Reife provozieren und 2.) dem Wein Rückgrat verpassen.
...und 3.) verschiebst du das Anthocyan/Catechin-Verhältnis was, in Abhängigkeit von der Mazeration, der Rebe und der Reife natürlich, die Gefahr von Bittertönen steigert. Beispielsweise beim Spätburgunder diskutiert man ob es bei extrem langen Standzeiten nicht vorteilhaft ist die Kerne zu entfernen. Spätburgunder ist ein gutes Beispiel wo eine Überextraktion unerwünscht ist.
ostarrichi hat geschrieben:Eine kurze Maischestandzeit wie ihr sie beschreibt (3-7 Tage) führt dann dazu, dass nicht auf der Maische fertig vergoren wird
Ohne übermäßige Trockenverbesserung ist der Zucker doch eh nach zwei Wochen weitgehend vergoren. Da presse ich doch ab und lasse die Hefchen nicht darben.
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Beitrag von ostarrichi »

Fruchtweinkeller hat geschrieben:Ohne übermäßige Trockenverbesserung ist der Zucker doch eh nach zwei Wochen weitgehend vergoren. Da presse ich doch ab und lasse die Hefchen nicht darben.
Da streiten sich dann wohl die Winzerphilosophen, ich kann dem hier auf Grund mangelnder Erfahrung wenig entgegensetzen - ich werde mir das dann bei meiner ersten Ernte ansehen - eine Charge wird dann lange auf der Maische belassen und eine nach der Gärung abgepresst.
Bin gespannt wie das schließlich aussehen (schmecken) wird.
Selbst wenn die eine Charge dann für den A(usguss) ist kann man dann vielleicht die andere trinken ;)
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