Cider aus gekauftem Saft

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Leox
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Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Leox »

Hallo miteinander!

Ich wollte ja eigentlich schon im Oktober einen Cider aus guten 20kg gepflückten Äpfeln ansetzen, was aber leider in Ermangelung einer Presse und Mühle darin endete, dass ich meinen kleinen (billigen) Küchenentsafter im Sondermüll entsorgen und die Äpfel nach ca. zwei Monaten, verschrumpelt wie sie dann waren, an die Pferde verfüttern konnte.
Da ich aber mein Speidel Gärfass, welches ich im September zum Geburtstag bekommen hatte, nun nicht ein Jahr lang unbenutzt stehen lassen will, bis ich mir endlich eine Mühle leisten und neue Äpfel pflücken kann und vor allem, da ich mich einfach endlich an einem trockenen, spritzigen Cider versuchen will, habe ich jetzt ganz ketzerisch im Supermarkt 17 Liter Apfeldirektsaft im Tetrapack gekauft. Ich weiß, dafür sollte man mir den Kopf abhacken, aber ich dachte mir eben, lieber damit ein paar Liter Cider machen, die nicht der Hammer werden, als gar keinen Cider. Und für einen Anfänger wie mich wird es ja hoffentlich so oder so gut zum "üben" sein :roll: :mrgreen:

Der Saft im Tetrapack ist natürlich pasteurisiert und es ist Antioxidant zugesetzt, ansonsten ist er Natur und ungefiltert. Ich hoffe mal, dass das (außer Geschmackseinbußen, wie ich schätze? :roll: :? ) keine Probleme darstellt.

Aus dem "Apfelmost"-Kapitel im Fruchtweinkeller und diversen Threads hier im Forum habe ich inzwischen auch so eine ungefähre Idee, wie ich das so insgesamt angehe, mit Kohlensäure, Bodensatz, und, und, und...

Allerdings bin ich etwas unsicher, wie ich den Ansatz nun genau mache. Sind da auch diverse "Behandlungen" angesagt, wie bei Met oder diversen Fruchtweinen, beispielsweise mit Tanninen, Antigel, Pyrosulfit, etc.? Oder hält man sich bei Cider/Apfelmost ganz puristisch, sprich Saft, Hefe (Nährsalz denke ich macht auf jeden Fall sinn, oder?) und sonst nix?

Und wie ist das dann später beim Abfüllen und anderen Schritten? Sollte man da irgendwelche Sachen zusetzen oder auch eher alles bei natürlich belassen? Ich habe als Hefe eine "zur Sektherstellung" von Vierka genommen und gehe davon aus, dass ich für die Kohlensäure die Methode mit Zuckerung vor dem Abfüllen und dann entsprechender Flaschengärung wählen werde. Also so in etwa: Gährung vorbei --> Abstich --> Zucker und unterdosierte Hefe --> Flasche
Macht es dann beispielsweise Sinn, vor dem Abstich Kieselsol, Antigel und/oder Sulfit zu geben, um den Cider vor dem Abfüllen klarer zu machen oder würde das die geplante Flaschengärung beeinträchtigen oder sogar verhindern?


Edit: Ich habe mir übrigens vorgestern auch noch ein paar Äpfel gekauft um sie, wie bei Met-Ansatz, gerieben als zusätzliche Trübstoffe mit in den Ansatz zu geben. Macht das Sinn (auch unter dem Gesichtspunkt "gekaufter Saft") oder soltle ich das lieber lassen?



Sorry für den Roman, aber ich habe auf die Fragen leider nach langem Suchen im Forum nicht wirklich eine Antwort finden können :mrgreen: ?-|

Liebe Grüße,
Christoph
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CaptainPatrick
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von CaptainPatrick »

Im Rezept der HWK steht doch eigentlich alles: http://www.fruchtweinkeller.de/Wine/apfelcidre.html

Apfelsaft, Antigel, Hefe, Zucker -> Gären -> Nachzuckern, u.s.w.

Was für ein Antioxidationsmittel in deinem Saft ist, wäre vermutlich gut zu wissen. Ascorbinsäure ist für die Gärung vermutlich kein Problem, bei anderen... keine Ahnung bzw keine Erfahrungswerte.

Es gibt einen sehr guten, naturtrüben Apfelsaft im BiB von einer Mosterei mit W, den du auch am großen Fluss bestellen kannst. Mit dem habe ich sehr gute Erfahrung und bereits leckeren Met und Apfelwein hergestellt. Er ist ohne Zusatzstoffe und hat bei mir sehr gut geklärt.
Leox
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Leox »

Ach siehste, das Rezept habe ich dann wohl irgendwie übersehen :D

Vielen Dank! Werde es dann einfach mal so angehen :)
Monikaregen
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Monikaregen »

Ich möchte eich einen Cider machen :) Vielen Dank für das Rezept. Das ist mein erster Versuch:)
Münsterländer
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Münsterländer »

Hallo Christoph,

ich hab vor zwei Jahren nachdem ich ich gemerkt habe, wie aufwändig die Arbeit mit dem Entsafter ist und wie schlecht das Ergebnis nach den ersten 10 Liter mit selbstgepressten Saft auch ersteinmal "Testansätze" aus Supermarktsaft gemacht, um die Zeit zu überbrücken. Der Wein ist natürlich geschmacklich anders bzw. schlechter aber ich denke es ist besser als ein ganzes Jahr auf die nächste Ernte zu warten.
Im zweiten Jahr bin ich dann zu einem Laden im Münsterland gefahren bei dem man den Saft günstig pressen lassen kann. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt und nahm einem auch die Arbeit ab, die man mit einer Presse hätte.

Der Nabu hat glaube ich eine Liste mit Lohnmosterein etc., über die ich meine Presse auch gefunden habe. Die ist auch auf jeden Fall hier im Forum oder auf der Homepage zu finden, ansonsten natürlich über Google. ;-)

Wenn du ganz einfachen trockenen Apfelwein ohne Kohlensäure herstellen willst, wie ihn z.B. die Hessen trinken, genügt es im Grunde dem Saft die Reinzuchthefe hinzuzugeben (worauf selbst manche hessische Apfelweinpuristen wohl verzichten - aber gerade bei den ersten Versuchen sollte man doch lieber die sichere Variante mit Reinzuchthefe auf jeden Fall vorziehen), an einen Ort mit 18-20 ° C stellen und abwarten bis der Most durchgegoren ist. Wenn du dann den trockenen Wein in Flaschen abfüllst und in wenigen Wochen/Monaten trinkst, würde ich behaupten, ist sogar der Einsatz von Schwefel und sonstigem nicht notwendig.
Relativ leicht kannst du noch den Alkoholgehalt nach deinem Wunsch einstellen, indem du den Zuckergehalt im Saft in das "Alkoholpotential" umrechnest (gr. Zucker pro Liter/20,5= %) und entsprechend noch den Anfangzuckergehalt einstellst.
Natürlich kann man auch bei dieser einfachen Variante noch zig Faktoren zu seinen Gunsten beeinflussen, wie z.B. optimale Temperatur, Vorklärung bei frisch gepresstem Saft, etc. - da ist es ganz interessant finde ich zu lesen, was die Apfelweinhersteller in anderen Ländern machen, v.a. Franzosen und Spanier - aber damit kann man sich auch noch in Ruhe beschäftigen, während man seinem ersten Ansatz beim blubbern zuhört.

Möchtest du einen Apfelwein mit Restsüße und Kohlensäure machen, dann wird es schon schwieriger.
Zum Thema Flaschengärung findet man über die Suchfunktion auch einiges. Hier wurde auch schonmal darüber diskutiert: viewtopic.php?f=52&t=12454&start=36

Wenn du das umsetzen möchtest, solltest du dich aber gut einlesen und mit den Risiken beschäftigen, damit es zu keinen explodierenden Flaschen kommt.
Leox
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Leox »

Ahhh ich hab jetzt erst gesehen, dass du geantwortet hast! :D

Da der Cider seit knapp zwei Wochen endlich komplett fertig ist, hier mal ein kleiner Erfahrungsbericht:

Ich habe dann Ende Februar meine 17 Liter Supermarkt-Saft angesetzt, nach FWK-Rezept. Dann nach ziemlich genau einem Monat Gährung Ende März über einige Tage mit Kieselsol, Antigel und am Ende etwas Tannin geklärt und Anfang April dann abgezogen.
Mit etwas Pyrosulfit, unterdosierter Hefe, ein wenig Nährsalt und ca. 10g/l Zucker (in etwas Wasser aufgelöst) in die Flaschen abgefüllt (die Bügelflaschen von Ikea) und stehen lassen. Zwischendurch immer mal probiert und Ende Mai endlich das Erfolgserlebnis: Kohlensäure.

Da ich aber immer so ein bisschen die "Champagnergärung" im Hinterkopf hatte, wo es ja anscheinend so ist, dass der noch mindestens 1,5 Jahre auf der Hefe steht, damit er feinperlig wird und lauter tolle, feine Aromen ausbildet, habe ich ihn einfach noch auf der wenigen "Kohlensäure-Hefe" stehen gelassen.
Jetzt, Anfang September, habe ich ihn dann endlich degorgiert, was mit einer Kältemischung aus Eis und Salz zwar relativ aufwändig war (weil immer nur drei bis vier Flaschen auf einmal eingefroren werden konnten), aber echt gut funktioniert hat!


So, nun zum interessanten Teil:

Herausgekommen ist ein spritziger, trockener Cider, mit einem gar nicht so schlechten Kohlensäuregehalt und absolut gutem Geschmack! Natürlich, wie erwartet, ist aus dem Supermarktsaft nichts außergewöhnliches geworden, keine großen Aromen oder so, aber für meinen allerersten Cider und den billigen Tetrapack-Saft bin ich absolut zufrieden! Ein sauberer Cider-Geschmack, wie ich ihne mir vorgestellt habe :)

Ich habe mich übrigens, neben dem FWK und diesem Forum sehr viel auf den "Wittenham Hill Cider Pages" http://cider.org.uk/frameset.htm eingelesen, was uuuuunglaublich geholfen hat!! Daher habe ich auch die Sachen wie Tannine, Pyrosulfit und so übernommen.

Ich werde es auf jeden Fall wieder in etwa so machen! In Zukunft dann hoffentlich trotzdem mit selbst gepresstem Saft oder wenigstens, solchem vom Moster um die Ecke oder so. Ich würde auf jeden Fall auch gerne mal mit halbwilder Gärung oder so experimentieren, da ich gerade diese ganzen Gäraromen bei Cider mag, die ja anscheinend durch die wildne Hefen kommen. Aber das dann wahrscheinlich in geringeren Mengen, um nicht zu viel aufs Spiel zu setzen... :D



Ich hoffe ich konnte wenigstens ein paar Leuten mit diesem Bericht helfen :)


Liebe Grüße,
Leox
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Fruchtweinkeller
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Schön dass es geklappt hat.

Tja, ein Rüttelbrett liegt zwar im Keller vor dem Degorgieren schrecke ich aber noch zurück... und Zeit fehlt sowieso. Na, vielleicht wenn ich Rentner bin.... :pfeif: :lol:
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(Too much coffee man)

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Leox
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Leox »

Ich hab sowas tatsächlich gar nicht gebraucht :D

Bin ja nur Student und könnte mir das wahrscheinlich gar nicht leisten :mrgreen: :pfeif:

Ich habe die einfach nur die Monate über auf dem Kopf stehend gelagert. Ich schätze mal, das ist natürlich nicht ganz ideal, weil dann diese ganzen Prozesse, die den wein verfeinern sollen, nicht so toll laufen wie bei einer großflächig verteilten Hefe. Aber ich hatte immerhin einen recht kompakten Bodensatz im Hals, den man ganz gut degorgieren konnte :) Ein paar Flaschen habe ich auch normal stehen lassen und erst ein paar Tage vor dem degorgieren auf den Kopf gestellt. Da war die Hefe dann nicht ganz so Kompakt und ich glaube, dass sind potentiell auch die Flaschen, die jetzt nach dem Degorgieren noch einen ganz leichten Schleier haben, aber es ging trotzdem ganz gut. Die müssen dann eben zuerst weg getrunken werden :D


Also ich habe ja eigentlich auch keine Ahnung vom "fachmännischen" Degorgieren und habe das einfach mal so nach Gutdünken ausprobiert :)
Man muss auf jeden Fall vorsichtig sein, einige Flaschen haben schon ein paar Flecken an der Decke gemacht beim öffnen des Bügels :mrgreen: :clap:
Igzorn
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Re: Cider aus gekauftem Saft

Beitrag von Igzorn »

Cool, Glückwunsch! Klingt sehr gut. Ich lese bei den Ciderjungs auch immer mit. Sehr interessant.

Mit den wilden Hefen habe ich nicht so gute Erfahrungen gemacht. Jetzt nicht kreuzigen, bitte!

Eine feine Note bei einem Cidre ist nichts Verkehrtes! Ich habe es bisher häufig gehabt, dass die falschen Hefe sich zu schnell vermehren und dann einen 'munkeligen' Geschmack -man spricht von Pferdeschweiss- produzieren. Ich werde diesmal sehr viel Gärstarter vorproduzieren und ihn direkt mit in die Presse geben. Mal sehen, ob es das verhindert.

Was wollte ich jetzt eigentlich sagen? :roll:

Achja, Respekt für den Aufwand und Dank für Deinen Erfahrungsbericht
Ist das Trinkgefäß erst leer, macht es keine Freude mehr. ... Rechtschreibfehler kommen alle durch dem Handy...
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