Zähwerden oder Antigel?

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Schmidtek
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Zähwerden oder Antigel?

Beitrag von Schmidtek »

Hallo,

nun scheint es mich auch einmal erwischt zu haben.
Am Samstag Nachmittag kam bei uns eine Lieferung von 20kg Pfirsichen an, die sofort als Maischeärung angesetzt wurde.
Gärstarter mit etwas älterer Bioferm-Killer-Hefe in A-Saft schon ca. vier Stunden vorher angesetzt, ging im Starter gut los.
Gemaischt wird/wurde in 2 Gäreimern zu je 10kg Früchten, weiter kamen pro Eimer 1,25 kg Zucker in 1l Wasser dazu.
Plus natürlich HNS und Antigel (auch nicht mehr das jüngste, wie die Hefe ein Jahr alt und offen [in einem Schraubglas im Kühlschrank gelagert], es handelt sich um das pulvrige Zymex)
Gärung lief dank des Gärstarters zügig an, Maische wird immer unter gerührt.
Heute früh hat mein Vater in dem einen Eimer eine Art zäh werden geschildert. Leider konnte ich es selbst nicht sehen, bin seit Sonntag Abend wieder in der Studierstadt...
Wie gesagt, einer der Eimer ist völlig normal. In beiden Eimern stürmische Gärung.
Der andere Eimer scheint Fäden zu ziehen, nicht so schlimm wie Honig, eher wie saure Kaffeesahne (von der Konsistenz).
Konsistenz der Maische ist wie Apfelmuß, erst weiter unten findet sich Saft, der dann so schleimig ist.
ABER: Geschmack bei beiden gleich "gut", wie so ein frisch angesetzter Ansatz halt schmeckt (nur leicht bitter, wird an der Schale liegen).
Alkoholgehalt in beiden Eimern 8-9%, eigentlich ein vernünftiger Wert nach 2,5 Tagen Gärung...

Leider habe ich keinerlei Säure zugegeben, wollte ich nach der kurzen Maischung messen und dann tun (im FWK steht ja sogar, man braucht kaum zusetzen und ich will eine Fruchtmenge von 10kg/10l, da wäre ja von sich aus mehr Säure drin...)
Eventuell kann das ganze auch an zu wenig Antigel liegen. Antigel wurde wie HNS im Gärstarter aufgelöst und dann jeweils die Hälfte in einem Eimer gegeben. Das Zymex braucht ja ne Weile, ehe es sich löst, eventuell hat so einer der beiden Eimer mehr abbekommen als der andere.

Die Früchte selbst waren zwar sehr reif, ich konnte aber fast gar keinen Schimmel-/Faulbefall finden, außerdem wurde dieser wegen genügend Früchten großzügig ausgeschnitten (bei leichten Befall)...

Als Sofortmaßnahme haben ich und mein Vater uns auf nochmalige Zugabe von Antigel in den betroffenen Eimer geeinigt.

Für mich ergeben sich drei Möglichkeiten:
1. hoffen, dass das Antigel hilft und normal weiter verfahren
2. schwefeln, sofort abpressen und im Ballon weitergären
3. den gesunden Ansatz als Vorsichtsmaßnahme leicht schwefeln, den fragwürdigen verwerfen und nur 10 Liter ansetzen...

Schwefeln sollten meine Hefchen in der Theorie ganz gut vertragen, zumindest steht bei B-Land, dass sie eine hohe Schwefeltoleranz haben...

Säuregehalt in dem gesunden Eimer misst mein Vater gerade, um da einen Anhaltspunkt zu bekommen...

Wie würdet ihr verfahren/was denkt ihr?

Gruß Schmidtek

Edith gibt den gerade im nicht befallenen Eimer gemessenen Säuregehalt an: 4-4,5 g/l - also nicht gänzlich ungeschützt
Die Zwillingsschwester von Edith sagt, dass auch der zweite Eimer (der "befallene") 4g/l hat.

Säuregehalt wird sofort um 3 g/l erhöht

[Dieser Beitrag wurde am 18.08.2009 - 11:07 von Schmidtek aktualisiert]
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JasonOgg
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Zähwerden oder Antigel?

Beitrag von JasonOgg »

Puh, macht keinen Spaß, wenn man den eigenen Ansatz aus Studierstadt umsorgen muss ... ?-|

Zu Zymex fällt mir nur ein, dass es relativ schnell an Wirksamkeit nachlassen soll, also großzügig dosieren, wenn es älter wird.

Aber die Fäden hören sich nicht nach einem Pektinproblem an. Da würde ich eher Gelee erwarten. Ist ein Liter Wasser auf die Früchte zu wenig, dass es im Fruchtsaft/-fleisch selber steckt?
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Fruchtweinkeller
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ich finde auch dass das nicht nach einem Pektinproblem klint, und ich finde es verdächtig dass nur der eine Ansatz betroffen ist. Ich halte die "Sofortmaßnahmen" für gut. Wenn es ein Milchsäurebakterienproblem ist ist es günstig, wenn man es noch im Laufe der alkoholischen Gärung in den Griff bekommt: Die Hefen können einiges an ungewollten Bildungsprodukten der Bakterien abbauen.

Es gibt auch sehr alkohol- und schwefeltolerante Milchbakkis. Es kann nicht schaden, alle Gerätschaften nach Gebrauch gründlich zu desinfizieren, damit du nicht versehentlich Bakkis von einem Ballon auf andere überträgst.

War das Lesegut vielleicht überreif?
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Schmidtek
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Zähwerden oder Antigel?

Beitrag von Schmidtek »

Hmm, bin mittlerweile auch daon weg, dass es ein Pekinproblem ist.
Ziel ist eigentlich, die beiden Gärungen zusammenzuführen. Hefe entstammt dem gleichen Gärstarter.
Ja, Früchte waren zum Teil sehr reif, aber äußerlich nicht/kaum befallen. Schimmel hab ich nur an Einem Pfirsich gesehen, wurde großzügig ausgeschnitten. Faulstellen auch kaum...

Was soll ich machen :?:
Gegen Milchsäurebakkis spricht doch, dasss der Säuregehalt gleich groß ist, oder?

Schwefeln? Welche Dosis?
Ich denke an Schleimbakterien/-hefen, die laut Vierka-Buch und Kitzinger auch für Zähwerden verantwortlich sein können. Die schreiben schwefeln und Säure anpassen...

Lieber jetzt als gleich abpressen?

Gruß Schmidtek
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Schwierige Diagnose. Den Schleimhefen sagt man nach dass sie unterhalb von pH 5 keinen Schleim bilden und oberhalb von 10 Umdrehungen nicht wachsen können. Selbst wenn deine Pfirsiche nur sehr wenig Säure enthalten sollten: Ich kann mir nicht vorstellen dass der pH über 5 liegt. Deshalb würde ich eher auf die schleimbildenden Bakkis/Milchbakkis als Problemursache tippen, auch wenn der Säuregehalt erst einmal nicht ansteigt.

So oder so: Säure sollte ggf. ergänzt werden, das schadet nie und kann im Zweifelsfall nutzen. Schwefeln würde ich, aber vielleicht nicht mit der vollen Menge. Schließlich würde eine starke Schwefelung auch die Reinzuchthefen etwas ausbremsen, und eine rasche Alkoholproduktion kann auch helfen. Aber wie viel Schwefel? Vielleicht nur 0,5 g auf 10 L?

Ich vermute dass die Früchte inzwischen eh weitgehend ausgelauft sind, da sollte ein frühes Abrpessen keinen großen Unterschied machen.

Mit dem Zusammenführen der Ansätze wäre ich aber sehr, sehr vorsichtig. Nicht dass du im Worst-Case-Szenario alles wegschütten musst :(
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Beitrag von Schmidtek »

Säure wurde ja schon wie oben geschrieben ergänzt. Sind mit meinem Vater jetzt überein gekommen, abzupressen und erstmal getrennt weiter zu vergären und am Wochenende dann über die "Weinhochzeit" zu entscheiden.
Geschwefelt wurde mit insgesamt 1 Gramm, davon ein Drittel in die "gesunden" 10 Liter, die befallenen 10 Liter mit zwei Drittel.
Zum Glück hatten wir noch zwei freie Ballons, jetzt herrscht akuter Weinballonnotstand :schlecht:

Danke für die Hilfe, wir werden sehen, wie es weitergeht...

Gruß Schmidtek
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Zähwerden oder Antigel?

Beitrag von Schmidtek »

Mein Vater meldete gerade Vollzug - 4,5 Stunden :schlecht:
Ich hab schon ein schlechtes Gewissen :mrgreen:

Aber es ist wohl ein Teilerfolg zu vermelden. Pressen dauerte zwar Ewigkeiten, aber Behandlung des ausgepressten Weines mit Küchenmixer ergab gute Ergebnisse.
Mal gucken, wie sich die Sache entwickelt...

Gruß Schmidtek
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Fruchtweinkeller
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

War es denn schon sehr zäh/ölig?
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Beitrag von Schmidtek »

Ja, deswegen hats ja auch so lange gedauert.
Die Mixer-Behandlung hat aber sehr geholfen.
Jetzt ist die Frage, ob es denn so dünnflüssig bleibt...
Geschmacklich war wohl kein Unterschied zu erkennen.
Beide Weine gären auch wieder, haben also den Schwefel gut vertragen, beim Abpressen kommt ja auch ordentlich O2 an den Ansatz, das wird unterstüzend gewirkt haben...

Gruß Schmidtek
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Beitrag von Schmidtek »

Ich habe ganz vergessen, hier zu schreiben wie sich der Ansatz entwickelt hat.
Nach einer knappen Wochen Gärung in getrennten Ballons haben wir beide begutachtet und sind der Meinung, dass die Maßnahmen (Schwefeln und Mixern) geholfen haben. Der befallene Teil zog keine Fäden mehr, wenn man einen Löffel aus dem Wein herauszog.
Einen kleinen Unterschied konnte man nur noch beim Vinometer-Test-Vergleich feststellen, da lief der befallene Ansatz etwas langsamer nach dem Drehen des Vinometers. Aber im normalen Bereich. Darum haben wir uns entschieden, beide Ansätze wieder zusammenzuführen.
Bisher normaler Gärverlauf...
...heute schmeckte er nach ?-| aber das lag am Fehlen jeglichen Zuckers 8-)

Gruß Schmidtek
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