trüber Cider

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Blackface
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Re: trüber Cider

Beitrag von Blackface »

Ich kaufe Äpfel aus der Umgebung auf, dieses Jahr 2,10€ pro 10kg. Alte Bäume, ungedüngt, Streuobstwiese, alte Sorten, vierschrötige Bauern ;) ... Dazu natürlich die Äpfel von der eigenen Streuobstwiese, aber unsre Bäume sind noch zu jung für vollen Ertrag.

Saft aus der Mosterei ist prinzipiell OK, wieso nicht, solange du sie überreden kannst, das Pasteurisieren zu überspringen? Mit pasteurisiertem Saft kannst du jede "wilde" Gärung vergessen, das ist schließlich der Sinn des Pasteurisierens.

Zucker? Normalerweise nicht, aber der Saft sollte wenigstens 45°Oe haben. Wenn weniger, dann bis zu diesem Wert aufzuckern. Das ist bei ziemlich unreifen Äpfeln oder in sonnenarmen Sommern der Fall. Die Äpfel eine Woche oder so zu lagern kann helfen, dann wird noch die restliche Stärke in Zucker umgewandelt. Ggfs. mit Jodtest überprüfen, ob noch Stärke vorhanden ist.

Lust nach oben? :) Ich hab jetzt nicht auf dem Schirm, wieviel bei der Power-Gärung angeraten wird. Bei Ballons anfangs ein bisschen unter dem Hals zu bleiben ist nicht verkehrt. Gut ist, wenn du bei nachlassender Gärung und auch nach dem Abziehen noch tiefgekühlten Saft hast, um aufzufüllen. Cider vom letzten Jahr ist auch gut, notfalls auch Wasser. Aber Luft sollte dann (so gut wie) keine mehr zwischen Stopfen und Cider sein.

Beste Grüße -- Thomas
Fruchtwasser
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Re: trüber Cider

Beitrag von Fruchtwasser »

Mit Cider kenne ich mich überhaupt nicht aus. Normalerweise mache ich Apfelwein.
Deshalb sind mir drei Stellen ganz bitter aufgestoßen:

Der Apfelsaft wird geschwefelt, damit Bakterien absterben und die Hefe trotzdem überleben soll. Hoffentlich geht das so selektiert.

Apfelsaft zwei Wochen stehen lassen. Wenn er dann noch nicht gärt, Reinzuchthefe zugeben. Beim Wein nehme ich immer Reinzuchthefe.

Stärke im Apfel??? Wie unreif werden die Äpfel geerntet, dass Stärke vorhanden ist?

Ist die Ciderherstellung wirklich so speziell oder kann man mit reproduzierbarer Vorgehensweise wie z.B. sofort Reinzuchthefe zugeben (damit hat der Apfelsaft nicht zwei Wochen Zeit, sich Krankheiten einzufangen, die Gärung startet innerhalb von höchstens zwei Tagen und ich benötige keinen Schwefel) genauso gut einen Cider herstellen?

Liebe Grüße
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Blackface
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Re: trüber Cider

Beitrag von Blackface »

Fruchtwasser hat geschrieben:Mit Cider kenne ich mich überhaupt nicht aus. Normalerweise mache ich Apfelwein.
Deshalb sind mir drei Stellen ganz bitter aufgestoßen:

Der Apfelsaft wird geschwefelt, damit Bakterien absterben und die Hefe trotzdem überleben soll. Hoffentlich geht das so selektiert.
Wie gesagt, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen und ich bin kein Chemiker. Es wird aber seit Jahrhunderten so gemacht. Früher wurden die Holzfässer vorm Füllen mit Schwefel ausgeräuchert, heute wird Kaliummetabisulfit je nach pH-Wert des Mosts zugegeben. Die Dosierung basiert auf Studien in Frankreich und im Long Ashton Research Institute bei Bristol.
Apfelsaft zwei Wochen stehen lassen. Wenn er dann noch nicht gärt, Reinzuchthefe zugeben. Beim Wein nehme ich immer Reinzuchthefe.
Die zwei Wochen ergeben sich aus der Schwefelung, die eben auch die Hefen schwächt, wenn auch nicht so arg wie die Bakterien. Dadurch beginnt die Hefegärung später.
Stärke im Apfel??? Wie unreif werden die Äpfel geerntet, dass Stärke vorhanden ist?
Gemischt. Nicht alle Äpfel an einem Baum sind am selben Tag gleich reif. Viele Cidermacher lassen die geernteten Äpfel in Kisten eine oder zwei Wochen im Freien "schwitzen", um das letzte Quäntchen Zucker zu bekommen. Schau selbst, der Jod-Test ist ja einfach und billig.
Ist die Ciderherstellung wirklich so speziell oder kann man mit reproduzierbarer Vorgehensweise wie z.B. sofort Reinzuchthefe zugeben (damit hat der Apfelsaft nicht zwei Wochen Zeit, sich Krankheiten einzufangen, die Gärung startet innerhalb von höchstens zwei Tagen und ich benötige keinen Schwefel) genauso gut einen Cider herstellen?
Schwefel wird auch bei Reinzuchthefe empfohlen, sogar in höherer Dosis als wenn man eine wilde Gärung anstrebt. Es ist halt eine Versicherung gegen unerwünschte Dinge, die aus dem Apfel in den Saft geraten sein könnten. Direkt nach dem Pressen wird gechwefelt, nach 24 Std. die Hefe zugegeben.

Klar geht das. Das ergibt je nach Ausgangsmaterial einen eher eindimensionalen, frischen Cider (die Unterschiede zwischen Apfelwein, Cider, Cidre, Sidra, Most usw. sind fließend). Die dunklen Untertöne und die Aromenvielfalt fehlen. Die entstehen anscheinend durch die im Apfel enthaltenen Apiculata-Hefen, die am Anfang der Gärung aktiv sind, aber bei steigendem Alkoholgehalt absterben. Dann haben sich die vergleichsweise wenigen Saccharomyces (größtenteils nicht aus dem Apfel, sondern aus der Umgebung in der Cider-Werkstatt und den Fässern) soweit vermehrt, dass sie den restlichen Job übernehmen.

Reproduzierbar müssen meine Ergebnisse übrigens nicht sein. Ich bin nicht Coca-Cola oder Pepsi. Beim handwerklich arbeitenden Winzer ist der Wein auch nicht jedes Jahr oder von jedem Fass gleich. Für mich gehören diese Nuancen dazu und erhalten die Spannung.

Liebe Grüße
Beste Grüße -- Thomas
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Re: trüber Cider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Fruchtasser spricht mir da aus der Seele. Zum Beispiel zur Unsitte, vor oder bei laufender Gärung pauschal zu schwefeln, steht einiges auf der HP, und das habe ich gefühlt auch schon 10.000 mal hier im Forum geschrieben... Das muss ich nicht hier nicht noch einmal wiederholen. Gleiches gilt für das Thema "Spontangärung vs. Reinzuchthefe". Es muss halt jeder selbst entscheiden ob er eher Primäraromen reifer Äpfel schmecken will oder von Wildhefen gebildete Fuselstoffe.
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Re: trüber Cider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Wenn meine Bitte, die Anfängerthreads von Grundsatzdiskussionen frei zu halten, weiterhin ignoriert wird werde ich hart durchgreifen.
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cider
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Re: trüber Cider

Beitrag von cider »

Hallo Cidre-Faktion,

ich muss ja sagen, dass ich die Beiträge in diesem Thread höhst interessant finde. Diese unterschiedliche Ansichten lassen doch grade bei den Anfängern, unterschiedlich Ideen und Herangehensweisen entstehen.

Ich habe mir am Montag wieder 15 Liter Apfelmost, aus der Mosterei, geholt. Der Saft wurde nicht pasteurisiert und ist sehr süß!!! Ich habe vorher in den Ballon 350 ml Liter Zitronensaft getan. Ich habe gehofft das sich der Apfelsaft nicht braun verfärbt, hat aber nichts gebracht. Dafür hat der Zitronensaft den Most eine zusätzlich leicht fruchtige Note verpasst.
Weil ich auch am Montag erst die Hefe (Steinberg) in 200ml Apfelsaft angefangen habe zu aktivieren und heute erst in den Ballon getan habe, war ich sehr überrascht, dass die Mostkappe schon fast vom Ballon flog.
Scheinbar hat der Apfelmost schon angefangen zu gären! Und nicht zu knapp, beim schütteln war ganz schön Ballett im Röhrchen als ich es dann drauf hatte!

Im nächsten Jahr werde ich mal eine Charge ohne Reinzucht-Hefe ansetzen.

Gruß Cidre
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Re: trüber Cider

Beitrag von Bila »

Hallo!

ich habe letztes Jahr das erste mal Apfelmost gemacht; allerdings mit dem Ziel, dass er nicht trocken ist.

Ich habe ihn also wirklich lange auf der ersten Hefe gehabt da er immer wieder noch geblubbt (nach dem nachzuckern) hat. Nachdem ich dachte, jetzt ist es vorbei ( auch nach dem schwenken kam nichts mehr) habe ich ihn dann auf die Glasflaschen mit Bügel vom schwedischem Möbelhaus abgefüllt.

Er ist wirklich lecker geworden aber..... gut das es stabile Bügelflaschen sind. Öffnen der Flasche ist nur im Waschbecken möglich; dafür prickelt es dann aber auch leicht. Explodiert ist jedoch keine :D

Also gut überlegen ob du ihn wirklich abfüllen willst wenn er noch am gären ist; bei mir war es es vermeintlich nicht mehr und trotzdem ist ordentlich Druck drauf....
Bila

( die jetzt alle Äpfel gepflückt hat :) )
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cider
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Re: trüber Cider

Beitrag von cider »

Hallo Bila,

vielen Dank für deine Tipps! Meine Pläne den Cidre-Federweißer in Flaschen zu konservieren, werde ich wohl ad acta legen müssen. Geschmeckt hat er jedenfalls ausgesprochen lecker!

Ich werde jetzt auch ähnlich, wie du es gemacht hast, vorgehen. Muss mir nur noch überlegen ob ich so lange wie du warte, bis die Gärung abgeschlossen ist und parallel dazu die Süße einstelle oder warte bis der gesamte Zucker vergoren ist, abziehe und dann die Restsüße einstelle und abfülle.

Kannst du mir noch beschreiben wie Cidre ausgesehen hat?

Grüße Cider
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Re: trüber Cider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Solange du im Hinterkopf behältst dass die Restsüße nicht stabil ist und du dir durchaus Flaschenbomben bauen kannst... viel Glück.
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Igzorn
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Re: trüber Cider

Beitrag von Igzorn »

Ich hab im Kitzinger Weinbuches gelesen, dass Flaschenbomben durch Korken vermindert auftreten, weil man es erkennen kann, dass Druck drauf ist, der Korken schiebt sich ja hoch. Ist da was dran?
Ist das Trinkgefäß erst leer, macht es keine Freude mehr. ... Rechtschreibfehler kommen alle durch dem Handy...
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Re: trüber Cider

Beitrag von Flowie91 »

Jain. ..
Kann funktionieren, muss aber nicht.
Insgesamt finde ich diesen Lösungsansatz ohnehin etwas schlampig. Gerade für ein "professionelles" Buch.
Das ist wie zu sagen, man brauch sich beim Auto fahren nicht anschnallen, wenn man nicht schneller als 30 km/h fährt. ..
Viele Grüße aus dem grünen Herzen Schleswig Holsteins
Flo
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Re: trüber Cider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Guter Vergleich ;)
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