Gärprobleme

Jensemann
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Gärprobleme

Beitrag von Jensemann »

Hallo alle zusammen,

auch ich bin ein Erststarter was die Herstellung von Wein betrifft.

Die Ausgangslage:

Eigene Ernte aus hellen Weintrauben. ca. 35 kg Trauben geerntet. Weinreben entrappt und abgewaschen. Abtropfen lassen.
Angedrückt, das die Schalen aufbrechen. Gewonnene Maische in verschlossenen Kunststoffeimern unter Zugabe von Antigeliermittel,
sowie leichte Schwefelung 1g/ 10kg Maische zur Vermeidung des vorzeitigen Gären 20 Stunden ruhen lassen. Danach mit Spindelpresse
abgepresst und 25 Liter Saft gewonnen. 24 Stunden im Gärballon ruhen gelassen, damit sich die Trubstoffe absetzen. Danach den Saft
mit dem Weinheber ohne den Trub in einen Glasgärballon umgefüllt. 67 Oechsle gemessen und mit Trockenzuckerung auf 85 Oechsle
angehoben. Säure ergab 8g/Liter. Für 21 Liter Traubensaft 5g Trockenhefe und 8g Hefenährsalz dem Gäransatz hinzugegeben. ( Trockenhefe
nach Anleitung in 30 Grad warmen Traubensaft eingerührt und 20 min ruhen lassen ). Danach in den Ansatz.

Nun meine Fragen.

Erst in der Nacht zum 3.Tag kommt die Gärung nun leicht in Gang. Ich hatte die Gärung innerhalb der ersten 24 Stunden erwartet.
Bis jetzt ist keine stürmische Gärung zu erkennen. Pro Minute ein Plob aus dem Gär Spund. Deswegen habe ich am 2 Tag vermutet,
dass die Hefen nicht mehr in Ordnung sind, weil Sie bei Zimmertemperatur allerdings nicht angebrochen gelagert wurden. Deshalb
habe ich jetzt aus Flüssighefe einen Gärstarter angesetzt. Allerdings ist es eine andere Hefe Art. Diese möchte ich noch nachfüllen.

Warum ist die Gärung so schleppend, oder ist bis jetzt noch alles im Zeitrahmen?
Soll ich noch warten, bin ich zu ungeduldig?
Kann die stürmische Gärung noch folgen?
Soll ich, wenn der Gärstarter fertig ist, ihn noch nachfüllen, oder ist dies ungünstig, da es eine andere Hefekultur ist.

Habe mich als Neuling vieles Angelesen. Wurde an vielen Stellen beschrieben, die Maische leicht zu schwefeln, um ein Angären während
des Einwirkens des Antigeliermittels zu unterbinden. Mittlerweile glaube ich das ich vielleicht deshalb den Hefen den Start erschwert habe.

Bin nun gespannt auf Eure Meinungen und Empfehlungen.
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420
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Re: Gärprobleme

Beitrag von 420 »

Hallo Jensemann,

erst mal ein Willkommen hier. Nun zu Deinen Fragen bzw. zu meinen Ansichten:

1 g Schwefel pro 10 kg ist m.E. ein wenig zu viel des Guten getan worden. Schwefel erschwert das Angären.

Weitere Fragen:
- Bei welchen Temperaturen hast Du die Weintrauben nach dem Andrücken gelagert?
- Bei welchen Temperaturen hast du die Entschleimung vorgenommen?
- Wurden dann die Hefe dem kalten Wein zugegeben?
- Wie sah und roch die Hefe nach dem Derhydrieren aus?

Wie sieht die Gärung jetzt aus? Ist sie stärker geworden?

Je kälter der Most, desto langsamer erfolgt die Gärung.

Neue Hefe einer andere beigeben kann man manchen. Nur wird sich die stärkere Hefe durchsetzten. Und wenn die Gärung nun angekommen ist, lohnt sich eine weitere Zugabe kaum, besonders dann nicht, wenn beim Dehydrieren alles in Ordnung war.

VG
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Jensemann
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Re: Gärprobleme

Beitrag von Jensemann »

Hallo 420,

danke erst mal für die schnelle Antwort und Unterstützung.

Alle Prozesse wurden bei 20 Grad durchgeführt. Pressen, Lagerung sowie die Entschleimung. Der Gärbehälter steht jetzt im Keller bei knapp 21 Grad.
Die Hefe roch meiner Meinung nach normal. Ich meine, die Gärung nimmt langsam zu. Oder sind es die Wildhefen die jetzt aktiv werden, weil die zugesetzte Hefe nicht in Ordnung war.

Wenn Sie in Ordnung war, hatte Ich nur mit einem schnelleren Gärstart und nach dieser Zeit mit einer schon stürmischen Gärung gerechnet. Deswegen bin ich jetzt unsicher, ob ich noch abwarten soll, oder noch weitere dehydrierte Trockenhefe, oder den angesetzten Gärstarter mit Flüssighefe mit einer anderen Hefekultur zugeben soll.
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420
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Re: Gärprobleme

Beitrag von 420 »

ok,

vorab ... die Entschleimung erfolgt normaler Weise bei niedrigeren Temperaturen. Eine Standzeit von 20 Stunden vor dem Abpressen ist m.E. auch relativ lang.

Somit sind also knappe 2 Tage vergangen, bevor die Hefe zugegeben wurde. Und die hat es auch nicht ganz so leicht, weil vorab mit 1 g pro 10 kg Maische geschwefelt wurde. D.h., dass die Gärung nicht so schnell in Gange kommt und auch nicht ganz so schnell stürmisch wird. Wichtig ist, dass sie arbeitet.

Welche Hefe hast Du verwendet? Kaltgärhefe? Rasse?

Ob die Trockenhefe gut war, riecht und sieht man recht gut. Selber dehydriere ich in einem Wasserglas. Da steigt die Hefe innerhalb von 5-7 Minuten im Glas recht schnell hoch. Da sehe ich sofort, ob sie in Ordnung ist. Am Geruch merkt man es auch sofort.

Die 5 Gramm waren auf jeden Fall vollkommen ausreichend an Trockenhefe. Normal kommt die Gärung bei Trockenhefe nach 1 Tag in Gang. Kann es vielleicht sein, dass das Gärgefäß nicht dicht ist? Sind Kräuseln auf der Oberfläche zu sehen?

Du schreibst, erst nach dem 3. Tag. Bedeutet das nach dem 3. Tag der Hefezugabe (in der Summe nach dem 5 Tag nach Projektstart)?

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Re: Gärprobleme

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Du kennst die Homepage? Dort gibt es eine extra Rubrik für Traubenwein/Weißwein, und dort empfehle ich eine niedrige Schwefelmenge während des Auspressens/der Entschleimung.

Hefen mischen würde ich nicht, kann hintenraus Probleme bringen. Du kannst den Ansatz aber kräftig belüften um die Schwefelwirkung zu entschärfen.
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Jensemann
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Re: Gärprobleme

Beitrag von Jensemann »

Hallo,

die Gärung nimmt nun ständig zu. Große Blasen sind jetzt zuerkennen. Ich glaube die Gärung ist jetzt voll im Gange, so weit ich das Abschätzen kann. Verwendet wurde eine Trockenhefe für Weißwein. Typ Saccharomyces cerevisiae. Ist keine Kaltgärhefe. Das Gärgefäss ist dicht verschlossen durch einen Gärverschluss mit Sperrflüssigkeit. Es sind nun insgesamt 3 Tage vergangenen seid dem ich die Hefe mit dem Nährsalz eingebracht habe. Ich glaube das Schwefeln, hat die Arbeit der Hefe verzögert. Ich werde nun weiter beobachten und keine weitere Hefe bzw.. anderen Hefestamm zuführen. Ich frage mich nur, warum in manchen bekannten Weinfibeln, das Schwefeln beim Einwirken des Antigeliergels empfohlen wird, wenn es dann später offensichtlich zu Gärproblemmen kommt.

Danke nochmal für die tollen Beiträge. Haben mir sehr geholfen, keine überstürzten Aktionen zu machen. Werde Euch weiter auf dem Laufenden halten.

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Re: Gärprobleme

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Auch wenn es jetzt gärt kann es trotzdem nicht schaden zu belüften. Durch die Schwefelung wird die Bildung von unerwünschten Gärungsnebenprodukten gefördert.
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Re: Gärprobleme

Beitrag von Jensemann »

Wird denn durch die Produktion von Kohlensäure der Schwelfel aus dem Gärgefäss nicht ausgetrieben? Oder was heißt denn genau belüften?

Jensemann
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Re: Gärprobleme

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Belüften = mehrfach "sprudelnd" umfüllen, dabei gerne großflächig durch einen Trichter laufen lassen. Dann wieder mit Gärverschluss abdichten.
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Re: Gärprobleme

Beitrag von Jensemann »

Hallo,

So, die Gärung ist nun seit ca. 3-5 Tagen vorbei und die Hefen haben nun einen deutlichen Bodensatz gebildet. Kohlensäure wird nur noch sehr gering gebildet. Nun würde ich den Wein schwefeln wollen und schütteln zum durchmischen und dann von der Hefe in ein neuen gereinigten Glasballon umfüllen. Probiert habe ich den Jungwein auch und er schmeckt etwas sauer. Aber ich finde er hat Potential. Ich trinke gerne trockene Weine. Süße ist nicht mehr vorhanden. Der Alkoholgehalt beträgt ca. 11 Vol. %. Das passt mit der Ochslezahl von 85, zum Gärbeginn.

Nun meine Fragen.

Was kann ich gegen den etwas störenden Sauren Geschmack tun. Wie ich gelesen habe,kann ich dies durch Zugabe von Zucker beheben. Ich möchte aber trotzdem einen trockenen Wein behalten.

Wann muss ich den Zucker zugeben und wieviel. Vor oder nach dem Abziehen von der Hefe.
Das konnte ich leider nicht herauslesen, oder ich habe es noch nicht verstanden, oder überlesen.

Wäre schön wenn Ihr mich auf die richtige Vorgehensweise lenken könntet.

Danke der Jensemann
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Re: Gärprobleme

Beitrag von Grape »

Du musst sowieso solange Zucker zugeben, bis die Hefe nicht mehr kann. Sonst kannst den Wein nur knochentrocken abfüllen, das mag niemand, auch keine 'trocken-Trinker'. Weil die Hefe sonst, wenn du dem Wein vor der Abfüllung nochmal Zucker gibst um ihn etwas zu süßen, wieder aktiv wird und dann die Flaschen im schlimmsten Fall explodieren.

Die Säure von 8 Promille scheint mir optimal, falls du weniger willst, kannst du kohlensauren Kalk zugeben. Der reagiert mit der Weinsäure und fällt dann als Weinstein aus. Macht man eig. schon im Most, geht aber auch jetzt noch.

Gut übrigends, dass du so professionell in allen Punkten vorgegangen bist. Du scheinst viel gelesen zu haben, um als Neuling in dem Bereich so viel richtig gemacht zu haben.
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Re: Gärprobleme

Beitrag von 420 »

Bevor Du nun irgend etwas machst, mache Dir Gedanken, wie Du den Wein stabilisieren willst.

Wein, auch wenn er trocken ausgebaut ist, hat eine Restsüße. Und diese wird von den Hefen vertilgt, es sei denn, die Hefen schaffen es nicht.

Gründe dafür:
- kein Zucker vorhanden, Restsüße entsteht z.B. durch Zuckeraustauschstofffen (m.E. nicht zu empfehlen, da Süßstoff oft auch nach 15 Jahren noch penetrant im Wein schmeckt)
- der Alkoholgehalt des Weins ist zu hoch, sodass die Hefen es nicht mehr schaffen (Nachzuckermethode)
- die Hefen wurden entfernt (vor der Flaschenfüllung, Zuckerzugabe und dann Sterilfiltration)
- Beigabe von Chemie, was bei niedrigen Alkoholgehalten auch problematisch ist
- abtöten der Hefen durch Erhitzung (Kochgeschmack)
- Flaschenfüllung eines unharmonischen Weins (ohne Restzucker) und erst nach der Flaschenfüllung die Zuckerzugabe (atypisch, auch nicht unbedingt zu empfehlen)

Das wären so die klassischen Methoden. Diese Themen stehen auch auf der HP-Seite.

Was willst Du nun machen?

VG
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