Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

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Lenz
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Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Lenz »

Liebes Fruchtweinforum,
nachdem Ihr mir bei meinen bisherigen Fragen immer gut helfen konntet bzw. mir wichtigen Input gegeben habt, wende ich mich wieder einmal an Euch.
Ich hatte vor zwei Tagen die große Freude zum ersten Mal von den vor zwei Jahren gepflanzten Reben richtig ernten zu können. Meine 8 Regent-Reben haben mir insgesamt knapp 5,5 kg Trauben beschert (die 8 Solaris sind fast gänzlich dem Frost zum Opfer gefallen …) mit durchschnittlich rund 80 Oechsle (Stichprobe).
Die Trauben ruhen bereits in ihren zwei Gärballons und glücklicherweise hat die Maischegärung auch bereits nach rund eineinhalb Tagen langsam begonnen.
Soweit so gut. Jetzt ist es allerdings so, dass ich gerne aus geschmacklichen Gründen nur eine Woche bzw. 7 Tage Maischegärung machen möchte, um ein zu starkes Auslaugen der Tannine zu verhindern. Die Kerne waren zwar bräunlich gefärbt, aber da Regent relativ viele Tannine haben soll, will ich lieber etwas vorsichtig sein.
Was mache ich, wenn nach 7 Tagen die Gärung noch nicht abgeschlossen ist? Die Maischegärung einfach verlängern, bis kaum noch bzw. keine Gäraktivität mehr zu beobachten ist und in Kauf nehmen, dass womöglich zu viele Tannine in den Saft übergehen? Oder einfach ignorieren, dass es noch gärt, und trotzdem abpressen? Würde die Gärung durch die Feinhefe, die vom Presssack nicht gefiltert wird, wieder in Gang kommen bzw. weitergehen? Würde sich also nach der Maischegärung eine abschließende Saftgärung anschließen?
So, das sind erst einmal die Fragen, die mich momentan beschäftigen. Vielen Dank im Voraus für Eure Antworten!

Viele Grüße

Lenz
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Chesten
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Chesten »

Die Homepage hat geschrieben:Die Gärung wird gestartet durch Zugabe der Hefe. Die Dauer bis zum Abpressen der Maische bestimmt, wie viele Farb- und Gerbstoffe in den Wein übertreten. Als Faustformel gilt: Je höher der Endalkoholgehalt des Wein werden soll, desto später darf Abgepresst werden. Leichte Rotweine sollten etwa drei Tage auf der Maische bleiben, schwere Rotweine werden erst nach 7 bis 14 Tagen oder noch später abgepresst.
Es hängt also davon ab was du herstellen willst ob du einen leichten oder schweren Rotwein.
Hier findest du einen Anleitung wie man seinen ersten eigenen Wein herstellt ( Bebilderte Anleitung) :
http://www.forum.fruchtweinkeller.de/viewtopic.php?f=33&t=12175
Nathea
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Nathea »

Hallo Lenz,

abpressen nach spätestens 7 Tagen (ich selbst presse Regent nach 5 Tagen ab, das bringt genug Tannine) und dann weiter gären lassen. Es sind in jedem Falle genug Hefezellen in der abgepressten Flüssigkeit, um den gesamten Zucker zu verarbeiten, Du brauchst Dir um anschließendes nicht-in-Gang-kommen keine Gedanken machen.

Die 80 Oechsle werden etwa 10 Vol. % bringen.

Wie willst Du den Wein im Anschluss an die Gärung stabilisieren? Falls Du ihn vor dem Abziehen auf Flasche noch mit etwas Zucker nachsüßen möchtest, würde Dir das - selbst wenn der Wein klar aussieht - eine Nachgärung in der Flasche verursachen.

Viele Grüße,
Sylvia
Lenz
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Lenz »

Hallo Sylvia,
vielen Dank fürs Teilen Deiner Erfahrung. Dann werde ich schauen, dass ich vielleicht schon vor 7 Tagen abpresse. Die 10% wären mir einen Tick zu wenig, weshalb ich die Maische mit 80g Zucker angereichert habe, um knapp 1% mehr Alkohol zu bekommen. Ein allzu schwerer Rotwein wird es aber definitiv nicht bei dem niedrigen Alkoholgehalt. Die Säure habe ich vergessen zu bestimmen, aber ich vermute, dass sie relativ hoch (für einen Rotwein) sein dürfte, da ich letztes Jahr 7,7 g/l hatte.
Auf jeden Fall ist es gut zu wissen, dass die Gärung nach dem Abpressen problemlos weitergeht!
Anschließend an die Gärung will ich dem Wein ein bisschen Kaliumpyrosulfit zur Stabilisierung geben (max. 1g Kaliumpyrosulfit). Wieviel Schwefel nimmst Du denn zum Stabilisieren? Und lässt Du den Wein nach dem Abpressen und dem Schwefeln noch länger auf der Feinhefe, bevor Du füllst?
Bevor abgefüllt wird, würde ich den Ballon für mindestens einen Tag in den Kühlschrank stellen, damit die Trubstoffe ausfällen und absinken und ich besser den Abstich machen kann.
Ausgehend von dem von mir erwarteten relativ hohen Säuregehalt, wäre es natürlich schon eine ganz gute Idee, dem Wein etwas Zucker zuzugeben, um den Geschmack abzurunden.
Setzt die Gärung auf jeden Fall wieder ein, wenn ich dem stabilisierten Wein (Nach Schwefelung + Kühlung) etwas Zucker gebe? Oder ist es dann gefahrlos möglich? Nochmal die Frage: wie machst Du das denn :)?
Gerne können hier natürlich auch andere Ihre Erfahrungen teilen, ich bin wirklich sehr interessiert :)

Viele Grüße

Lenz
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Habe jetzt wenig Zeit für eine ausführliche Antwort (sorry, aber dafür gibt's ja auch die Homepage), möchte nur rasch auf ein paar Punkte hinweisen:

-Durch das Abpressen wird Hefe nicht quantitativ entfernt. Der Begriff "Feinhefe" hat damit auch nichts zu tun
-Die Sauerei beim Abpressen ist umso geringer je weniger Restsüße vorhanden ist. Ich time das so dass der Zucker zu dem Zeitpunkt möglichst komplett vergoren ist
-Geschwefelt wird erst wenn die Gärung beendet ist

und GANZ WICHTIG:

Schwefelung beendet die Gärung im Restsüßen Wein nicht/ist nicht hinreichend um den Wein zu stabilisieren. Wie man das macht ist auf der HP im Kapitel "Zucker" beschrieben.
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Nathea »

Lenz hat geschrieben:...
Setzt die Gärung auf jeden Fall wieder ein, wenn ich dem stabilisierten Wein (Nach Schwefelung + Kühlung) etwas Zucker gebe? Oder ist es dann gefahrlos möglich? Nochmal die Frage: wie machst Du das denn :)?
Sie setzt auf jeden Fall ein, sobald Zucker drin und die Kühlung weg ist. Das Zugeben von Kaliumpyrosulfit ist nicht zum Beenden der Gärung gedacht, sondern dazu, dass Wein in der Flasche über eine lange Zeit nicht oxydiert, also seinen Geschmack nicht einbüßt.

Am Anfang meiner Hobbywinzer-Karriere habe ich bis zum Ende der Gärung nachgesüßt, also behutsam so lange immer wieder in kleinen Schritten nachgesüßt, bis die Hefe "aufgegeben hat", also irgendwann die Süße des Weins im Ballon nicht mehr abnahm, sondern über mindestens 2 Wochen gleich blieb. Dann ist davon auszugehen, dass auch in der Flasche keine Nachgärung mehr erfolgt.
Leider hat diese Art der Gärung den Nachteil, dass Weine mit durchaus hohen Prozenten entstehen, ich hatte mal einen Ausreisser mit knapp 17,5 Vol. % dabei. Das ist auch der Grund, warum ich irgendwann unter die "Filterer" gegangen bin. Ich habe mir eine Pulcino (musst Du hier mal im Forum nach dem Stichwort suchen) für unter 200 Euro zugelegt und möchte dies Gerät nie wieder hergeben. Seitdem sind auch leichte Weine mit 9 Vol% möglich.

Viele Grüße,
Sylvia
Lenz
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Lenz »

Nachdem ich es vor ein paar Wochen versäumt habe, mich für die konstruktiven Antworten zu bedanken, will ich das an dieser Stelle gerne nachholen: dankeschön :)!
Nach reiflicher Überlegung habe ich mir einen Pulcino-Oil gekauft und diesen vor kurzem das erste Mal benutzt. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten (Pumpe hat Luft angesaugt) lief es dann sehr gut, war aber insgesamt mit zweimaligem Sterilisieren der Maschine eine zeitaufwendige Geschichte. Wie dem auch sei, ich habe den Regent wie hier im Forum beschrieben nach der Grobfiltration mit Restzucker und Schwefel eingestellt, dann steril gefiltert und ihn in Flaschen gefüllt.
Obwohl der Wein aktuell natürlich noch Filtrationskrank ist, konnte ich nicht an mich halten und habe beim Weihnachtsessen abends ein paar Stamperl zur Verkostung ausgeschenkt ;)
Sensorisch bin ich abgesehen von der relativ hohen Säure sehr zufrieden, die Tanninausbeute ist auch wirklich gut gelungen, ohne dass diese "hart" oder adstringierend wirken. Hat mich ein wenig an Sauerkirsche/Johannisbeere erinntert. Da die Säure natürlich belassen wurde, nutze ich nächstes Jahr vielleicht ein bisschen Kalk für eine leichte Reduzierung.
Vielen Dank nochmals an die Helfer und noch einen schönen abend

Lenz
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Danke für die Rückmeldung und Glückwunsch zum Kauf, mit dem Pulcino Oil hast du sicher nichts falsch gemacht; der hat ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis. Und im Vergleich zum Simplex arbeitest du damit rasend schnell :) Warum musstest du zweimal sterilisieren?
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Re: Maischegärung durch Abpressen beenden. Nahtloser Übergang zu Saftgärung möglich/wahrscheinlich?

Beitrag von Chesten »

Glückwunsch zum belungenen Abfüllung und zum leckeren Wein :clap: !
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