Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Verwendung der nötigen Zutaten
TimTix
0 Liter Wein
0 Liter Wein
Beiträge: 7
Registriert: 03 November 2014 17:28

Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von TimTix »

Hallo,

ich möchte Cider aus (alten) deutschen Apfelsorten machen. (Ich bin da totaler Anfänger, aber ich habe immerhin eine Woche auf einer Ciderfarm gearbeitet und mir einiges angelesen. Auch das Equipment habe ich zu großen Teilen.)
Mit Cider meine ich west-englischen Cider: bitter, tannin-reich, 5-6%.

Meine Frage: Gibt es irgendwo (Buch, online) eine Tabelle über den typischen/durchschnittlichen Anteil von Säure, Zucker und Tanninen in (hiesigen) Apfelsorten?

Ich bräuchte so eine Tabelle, um zu wissen, womit ich am ehesten die bitter-süßen und bitter-sauren englischen Cider-Äpfel ersetzen kann. Soweit ich das verstehe, sind die klassischen deutschen Wein/Most-Äpfel stark zucker- und säurehaltig, aber ihnen fehlen die Tannine.

Eine Folgefrage wäre die nach einer Idee, wo ich diese Tannine sonst herbekommen könnte. Holzäpfel?
Beim Rotwein kommen die Tannine ja wohl dadurch in den Wein, dass man den Saft auf den Schalen lässt. Könnte man so auch Tannine aus Tafeläpfeln "gewinnen"? (Schalen etc. über Nacht im Saft belassen?)

Mit Gruß und Dank / tim
Benutzeravatar
Fruchtweinkeller
Administrator
Administrator
Beiträge: 31341
Registriert: 29 März 2004 00:00
Kontaktdaten:

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hallo Tim,

solche Angaben machen wenig Sinn weil die Inhaltsstoffe von Sorte zu Sorte und von Jahrgang zu Jahrgang stark schwanken können. Im Buch " "Inhaltsstoffe von Obst und Gemüse" steht zumindest was zum Säuregehalt (und ich glaube auch zum Zuckergehalt) einiger Sorten.

Einige mögliche Tanninquellen sind hier genannt:

http://www.fruchtweinkeller.de/apfelmos ... llung2.htm

Wobei das Tannin aus der Tüte sicher am bequemsten ist :mrgreen:
90% of everything is crap... Except crap. 100% of crap is crap.
(Too much coffee man)

The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
(Brandolini's law)

PMs mit Fragen werden ignoriert
TimTix
0 Liter Wein
0 Liter Wein
Beiträge: 7
Registriert: 03 November 2014 17:28

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von TimTix »

Hallo und vielen Dank schonmal.

Ich frage, weil es für die englischen Cideräpfel solche Listen gibt: http://www.cider.org.uk/appledat.htm
Zumindest Säure und Tannin. (Ich nehme an, beim Zucker sind die Schwankungen höher?) Ich verstehe es so, dass die Liste eher die relativen Unterschiede zwischen den Sorten aufzeigen soll - um eben zu sagen, welche Sorten sharp, welche bittersharp, bittersweet und sweet sind.

Für einen Cider, wie er mir vorschwebt, bräuchte ich wohl bitter-saure und vor allem bitter-süße Äpfel. Ich vermute (und so sagt es auch dieses Buch: http://www.cider.org.uk/book.html), alle deutschen Wein-Äpfel sind eher "sharp".

Ich könnte auch anders fragen: Welche sind denn die bittersten hiesigen Äpfel, die Ihr so kennt?
Also abseits von Mispel und Speierling. Danke für den Hinweis auf die Optimierungsseite, die hatte ich noch nicht gefunden. Speierling-Apfelwein von hessischen Keltereien hatte ich schonmal im Regal gesehen, aber nicht verstanden, was mir das sagen sollte.

Freue mich auf weitere Antworten!
Benutzeravatar
Fruchtweinkeller
Administrator
Administrator
Beiträge: 31341
Registriert: 29 März 2004 00:00
Kontaktdaten:

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Google spuckt schon einiges aus, zum Beispiel:

http://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de ... lediss.pdf

https://www.gesundheitstipp.ch/artikel/ ... uendesten/

http://www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/b ... wenzel.pdf

http://cvuas.untersuchungsämter-bw.de/p ... le2006.pdf

https://www.daab.de/fileadmin/medien/pd ... _essen.pdf

http://www.landwirtschaft-mv.de/cms2/LF ... 040413.pdf

Das darfst du freilich alles selbst lesen und sortieren :engel: Achte auf den Procyanidingehalt, dieser ist wohl hauptverantwortlich für den Bittergeschmack. Die finden sich vor allem in Schalen und Kerngehäusen.

Theoretisch kann man den Tanningehalt erhöhen indem man gezielt mehr "Fruchtfleisch" mitvergärt. Das hat den Nachteil dass man sich mit dem Pektin und dem daraus resultierenden Methanol herumschlagen muss. Wenn du sehr enthusiastisch bist kannst du auch Äpfel dünn schälen und die Schalen gezielt mit vergären.

Oder du kauft dir einfach einen Topf mit Traubentannin und peppst deinen Stoff ggf. damit auf, das bringt ebenfalls einen Bittergeschmack (wobei die Puristen zu Recht feststellen dass das kein Apfeltannin ist; mancher sagt, das hätte daher im Cider nichts zu suchen, aber da kann man sicher auch flexibel sein)
90% of everything is crap... Except crap. 100% of crap is crap.
(Too much coffee man)

The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
(Brandolini's law)

PMs mit Fragen werden ignoriert
TimTix
0 Liter Wein
0 Liter Wein
Beiträge: 7
Registriert: 03 November 2014 17:28

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von TimTix »

Wunderbar. Da werd ich mich mal durchfressen. Danke.
TimTix
0 Liter Wein
0 Liter Wein
Beiträge: 7
Registriert: 03 November 2014 17:28

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von TimTix »

Hallo nochmal,

ich organisiere mir grade neben weinfähigen Äpfeln auch ein paar kg Mispeln. Ich habe dazu zwei Fragen:

Wann ernten? Ich lese im Netz, dass man Mispeln nach dem ersten Frost ernten soll, weil sie dann süß und weicher werden. Aber dadurch verlieren sie ja auch ihre Bitterstoffe. Will ich also eher Mispeln, die vor dem ersten Frost geerntet wurden?

Welche Menge? Auf Ihrer Seite steht ja etwas von "maximal 3% beimischen". Mir geht es ja aber nicht nur um einige Bitterstoffe zur Klärung des Weins, sondern ich will ja - durchaus experimentell - einen cider-style bitteren Apfelwein bekommen. Macht es da Sinn, mit etwas mehr Mispeln zu arbeiten? Oder gibt es einen anderen Grund für die max. 3%?

Im Anschluss daran: Ich könnte ja auch versuchen, den Mispelsaft separat zu vergären, und ihn später mit dem (gärenden oder vergorenen?) Apfelwein beizumengen. (Und nicht mit einer zu großen Mispeldosis alles zu verderben.) Geht das? Sollte/muss ich dem Mispelsaft Äpfel beimengen, damit das überhaupt gärt?

Vielen Dank, Tim
willi2000
100 Liter Wein
100 Liter Wein
Beiträge: 118
Registriert: 19 April 2013 00:00
Wohnort: Odenwald

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von willi2000 »

TimTix hat geschrieben:Hallo nochmal,

ich organisiere mir grade neben weinfähigen Äpfeln auch ein paar kg Mispeln. Ich habe dazu zwei Fragen:

Wann ernten? Ich lese im Netz, dass man Mispeln nach dem ersten Frost ernten soll, weil sie dann süß und weicher werden. Aber dadurch verlieren sie ja auch ihre Bitterstoffe. Will ich also eher Mispeln, die vor dem ersten Frost geerntet wurden?
Vor dem Frost, also jetzt. Mit dem Frost verliert die Mispel (wie die Schlehe auch) ihre Bitterstoffe.
TimTix hat geschrieben:Welche Menge? Auf Ihrer Seite steht ja etwas von "maximal 3% beimischen". Mir geht es ja aber nicht nur um einige Bitterstoffe zur Klärung des Weins, sondern ich will ja - durchaus experimentell - einen cider-style bitteren Apfelwein bekommen. Macht es da Sinn, mit etwas mehr Mispeln zu arbeiten? Oder gibt es einen anderen Grund für die max. 3%?
Wie es da steht, ich würde es erstmal mit 1% versuchen. Glaub mir, mehr als 3% taugt nur noch für medizinische Anwendungen.
TimTix hat geschrieben:Im Anschluss daran: Ich könnte ja auch versuchen, den Mispelsaft separat zu vergären, und ihn später mit dem (gärenden oder vergorenen?) Apfelwein beizumengen. (Und nicht mit einer zu großen Mispeldosis alles zu verderben.) Geht das? Sollte/muss ich dem Mispelsaft Äpfel beimengen, damit das überhaupt gärt?
Ja, es muss Apfelmost zugegeben werden. 10% Mispel ist ok. Macht man so beim Speierling, da dieser schon im September geerntet werden muss, da er sonst reif wird und nur noch für Marmelade oder als Likör taugt.

Apfelsorten, die für den herben Geschmack der Odenwälder Apfelweine zuständig sind u.a. Schafnase, Boskop, Goldparmäne, Bohnapfel, Gewürzluike, Sternrenette oder Ruhm aus Kelsterbach (O-Ton eines Keltermeisters zur Frage, warum man im Odenwald keinen Speierling zusetzt: Unsre Ebbelwoi ist auch so schon herb genug, mit Speierling wuerd' ihn keiner mehr trinken.) Aus der Untermainfränkischen Region kenne ich den Roten Fresquin und den Roten aus Bürgstadt als gute Mostäpfel. Den roten Fresquin kann man so kaum essen wegen seiner Schale.
Von den Tafeläpfeln kenn ich noch die Sorte Melrose, die mir mit einer unangenehm bitter schmeckenden Schale aufgefallen ist.

Gruss
--------------------------------------
Hopp, Hopp, Hopp, Schoppe in de Kopp.
Benutzeravatar
Fruchtweinkeller
Administrator
Administrator
Beiträge: 31341
Registriert: 29 März 2004 00:00
Kontaktdaten:

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Dem ist wenig hinzuzufügen. Vielleicht noch eine Bemerkung und eine Idee: Im englischsprachigen Raum wird Wein aus reifen Mispeln oft noch mit schwarzem Tee als Tanninquelle versetzt. Das wäre etwas was man vielleicht auch mit einem Apfelwein testen könnte.
90% of everything is crap... Except crap. 100% of crap is crap.
(Too much coffee man)

The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
(Brandolini's law)

PMs mit Fragen werden ignoriert
TimTix
0 Liter Wein
0 Liter Wein
Beiträge: 7
Registriert: 03 November 2014 17:28

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von TimTix »

Großartig. Ich bedanke mich schonmal ganz herzlich und werde berichten.
Benutzeravatar
Fruchtweinkeller
Administrator
Administrator
Beiträge: 31341
Registriert: 29 März 2004 00:00
Kontaktdaten:

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Mach das, das ist interessant.
90% of everything is crap... Except crap. 100% of crap is crap.
(Too much coffee man)

The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
(Brandolini's law)

PMs mit Fragen werden ignoriert
TimTix
0 Liter Wein
0 Liter Wein
Beiträge: 7
Registriert: 03 November 2014 17:28

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von TimTix »

Kleiner Zwischenbericht mit einigen Fragen:

Ich habe nun rund 22l Rohsaft vom Bohnapfel, 17l vom Trierer Weinapfel, 15l Streuobstmische (Hauptsächlich Boikenapfel) sowie - tadá - fast 5l Mispelsaft in Gärbehältern auf dem Balkon stehen. Noch ohne Gärverschluss, nur mit Kork ... ich mache morgen einen Plan, wie genau ich weiter verfahre.
Bohn- und Weinapfel würde ich gerne sortenrein vergären lassen, um zu erfahren, welcher Apfel als Wein welchen Geschmack, Aromen etc. ergibt.

In meiner Ciderbibel wird die Herstellungsweise eines hochwertigen süßen französischen Cidré Bouche als hohe Kunst des Cidermachens angepriesen: Man nimmt der Hefe die Nährstoffe, so dass - wenn ich das richtig verstehe - ein natürlich süßer Cider entsteht - den man zB nutzen kann, um sehr trockenem, bitteren Cider wieder etwas natürliche Süße zu geben. Die Engländer nennen das "Keeving". Nachzulesen ist das hier: http://www.cider.org.uk/keeving.html
Das würde ich mit der weniger sauren Streuobstmische machen wollen. (Muss mir das alles aber nochmal in Ruhe durchlesen, ob diese geeignet ist.)

Einen Rest der Streuobstmische würde ich zum Mispelsaft geben. Ich hatte 10kg bestellt (das war noch bevor, Ihr mir sagtet, 1% reiche aus :D).
Der Mispelsaft ist übrigens überraschend süß. Die Obstbäuerin sagte, sie wären auf jeden Fall vor dem ersten Frost gepflückt worden. (Und ich wüsste auch nicht, dass es bei uns (Hamburg) schon Frost gegeben hätte. Wie dem auch sei, der Saft ist ziemlich süß und angenehm bitter, bis dann dieses staubtrockene Gefühl im Mund kommt. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass ich mit diesem Saft sogar zu 10% in meinen "Cider" tun würde. Aber gut, das probiere ich aus, wenn alle Säfte separat vergoren sind.

Ist Euch bei meinen Schilderungen bislang irgendein Fehler aufgefallen?

Außerdem: Ich weiß ja, dass es Grundsatzentscheidungen sind, ob man den Saft schwefelt und Zuchthefen nimmt. Mein Cidermaker (bei dem ich eine Woche hospitierte) schört natürlich auf die Natur und sagte mir auch, ich solle das auch so machen. Ich bei diesem ersten eigenen Versuch folge lieber der Ciderbibel (die auch seine ist) und fange mit Schwefel und Zuchthefe an. Ich will aber dennoch der Vorgabe folgen, den Cider langsam und kühl über den Winter vergären zu lassen. Mein Cidermaker sagt, das könne ich auf dem Balkon machen. (Der Cider geht wohl im Frühjahr von selbst durch eine 2. Gärung, bei der Milchsäure zu... hab ich vergessen. Malolaktische Gärung, kann das sein?)

Fragen:
Geht dieses langsame Vergären überhaupt mit Reinzuchthefe? Oder macht die einfach in 3-4 Wochen alles platt?
Ich habe einige Kunststoffgärfässer (Gr*f) und zwei Glasballons... der entstehende Alkohol reicht wohl nicht, um die Ballons über den Winter auf dem Balkon zu lassen, nehme ich an? (So wegen Alkohol friert nicht so schnell...)

Grüße!
Benutzeravatar
Fruchtweinkeller
Administrator
Administrator
Beiträge: 31341
Registriert: 29 März 2004 00:00
Kontaktdaten:

Re: Apfelsorten: Gehalt von Zucker, Säure und Tanninen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Schwefelung vor der Gärung? Allein das ist sicherlich diskussionswürdig, aber ich habe wenig Lust, gegen einen "Ciderpapst" anzuschreiben; also mach mal :mrgreen:

Zu deinen Fragen: Reinzuchthefe kann schnell sein. Sie kann auch langsam arbeiten bei niedriger Temperatur. Zur Frostgefahr: Irgendwo gibt es Tabellen mit der Frostsicherheit von alkoholischen Lösungen (Frostfestigkeit von Wischwasser für das Auto), da musst du mal googeln. Da dein Cider aber keinen allzu hohen Alkoholgehalt haben wird würde ich da nicht mit einem allzu großen Schutz rechznen.
90% of everything is crap... Except crap. 100% of crap is crap.
(Too much coffee man)

The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
(Brandolini's law)

PMs mit Fragen werden ignoriert
Antworten

Zurück zu „Zutaten“