Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Verwendung der nötigen Zutaten
Kirschwein
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Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Kirschwein »

Hallo,

ich hab gestern endlich meinen diesjährigen Kirschwein von der Hefe abgezogen. Ich habe jetzt 15 Liter Jungwein spundvoll in nem 15-Liter-Ballon, und irgendwie hätte ich Lust mal wenigstens einen Teil davon, vielleicht 5 Liter bis die Hälfte, zu einem Likörwein auszubauen. Ich habe zuhause bereits eine Flasche 96%igen Ethanol für Lebensmittelzwecke stehen mit dem ich den Wein aufspriten könnte.

Dazu hätte ich gern ein paar Tips. Also mein Kirschwein ist in etwa zur Hälfte aus frischen Süßkirschen und Sauerkirschsaft, als Hefe habe ich Bioferm Aromatic genommen, er hat jetzt 14 Prozent Alkohol, einen sehr merklichen Glyceringehalt, und jetzt wo er nicht mehr moussiert in etwa 6 g/l Säure. Bedingt durch die Süßkirschen ist das Aroma des Weins eher "weich", rund und erdig, nicht so spritzig-scharf wie man es von Sauerkirschwein her kennt. Ich finde das aber ganz angenehm.

Was für einen Alkoholgehalt sollte man bei einem Likörwein so anstreben bei meinem "Ausgangsmaterial"? Was für ein Zuckergehalt wird als angenehm empfunden, und sollte ich vielleicht die Säure in meinem Wein noch erhöhen damit das "Harmoniedreieck" dann wieder stimmt?

Ich habe gestern schon mal nen Versuch gemacht in nem kleinen Becherglas mit ner Probe von ca. 100 ml, hab ihn auf 21 Prozent aufgespritet und 50 g/l Zucker eingerührt, aber hatte irgendwie das Gefühl dass das in dieser Zusammensetzung nicht so "stimmig" war. Das war irgendwie nur noch süß und der Alkohol-Geschmack hat alles übertönt.
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felix
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von felix »

Grundsätzlich gilt, dass sich die unterschiedlichen Komponenten ergänzen müssen. Daher das Dreieck aus Säure, Zucker und Alkohol. Gerne wird das zu einem Viereck erweitert, in dem zusätzlich noch die Gerbstoffe ihren Platz finden. Je mehr von einem im Wein ist, umso mehr von den anderen Komponenten muss eben auch vorhanden sein.

Jetzt wird sich das Verhältnis verschieben, wenn man einen süßen statt einem trockenen Wein hat, aber dennoch muss das auf anderer Seite wieder wettgemacht werden. Einfach so einen Tipp zu geben, ist schwierig.

Die 21% können funktionieren, immerhin haben Portweine einen Alkoholgehalt von ca. 19-20%, da klappt das. Auch die 50 g/l Säure klingen jetzt nicht unrealistisch, gerade bei den richtig süßen Südweinen findet man oft auch Zuckergehalte im Bereich von 100 g/l.

Vielleicht fehlt etwas Säure, vielleicht bringt die Kirsche auch nicht genügend Tannine für die hohen Zucker- und Alkoholgehalte. Das mit der 100 ml Probe ist schon mal der richtige Ansatz, ich würde diese beiden Komponenten aber noch zusätzlich in die Versuchsreihe mit aufnehmen. Vielleicht kommst Du dann Deiner Vorstellung näher.

Ich hatte mal einen Hagebuttentee-Wein, den ich oxidativ und unter Wärmeeinfluss ausgebaut hatte - aufgespritet auf 17% und mit 100 g/l Zucker ist das ein Tröpfchen geworden, von dem ich auch heute noch dann und wann gerne ein Gläschen trinke.

Gruß
Christian

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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Likör wird ja gerne bei höherer Temperatur getrunken, und ein "aufgesetzter" mag mehr/andere Gerbstoffe enthalten als ein rasch abgepresster Wein. Das alles beeinflusst den geschmeckten "Säurebedarf". Aber ganz pragmatisch gedacht: Ein Lilkör soll süß schmecken, und zu viel Säure verträgt der Magen sowieso nicht. Ich würde deshalb am Säuregehalt gar nichts ändern.
Lass dich nicht davon irritieren wenn der aufgesprittete Wein noch kratzig und vielleicht unharmonisch schmeckt. Der Zucker muss sich noch geschmacklich einbinden, sprich lass ihn erst einmal ein paar Wochen bis Monate stehen und probiere ihn dann nochmal. Das kann schon Wunder wirken.
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Kirschwein
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Kirschwein »

also die Maische hab ich so etwa nach einer Woche oder zehn Tagen abgepresst, aber diese Süßkirschen aus unserem eigenen Garten aus denen die Maische bestand sind von Natur aus nicht sehr gerbstoffhaltig, und ansonsten kamen ja auch ein paar Gerbstoffe in den Ansatz durch den Sauerkirschsaft (ich hab den von Lidl genommen).

Ich bin generell kein großer Freund von Gerbstoffen und finde das deshalb ganz angenehm dass mein Kirschwein jetzt etwas weniger Gerbstoffe hat. Aber ist jetzt halt die Frage wie man daraus am besten einen Likörwein macht wo sich am Ende auch der Aufwand lohnt und das Ergebnis überzeugen kann...
Fruchtweinkeller hat geschrieben:Der Zucker muss sich noch geschmacklich einbinden, sprich lass ihn erst einmal ein paar Wochen bis Monate stehen und probiere ihn dann nochmal. Das kann schon Wunder wirken.
Vielleicht werd ich tatsächlich nochmal ne Probe von 100ml aufspriten und ne Weile stehenlassen. Entstehen denn da noch zusätzlich irgendwelche chemischen Verbindungen aus dem hinzugegebenen Zucker... weil du von "einbinden" sprichst?
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Das war zwar mehr bildlich als chemisch gemeint, aber ganz grundsätzlich laufen da immer irgendwelche chemischen Vorgänge ab, genau wie im Wein auch. Was nicht heißten soll dass man wirklich weiß was genau da alles vorgeht. Ich tippe aber darauf dass auch hier der Sauerstoffeintrag einen Einfluss auf den Geschmack hat, also dass es eine Art "Filterschock" gibt. Zudem erwarte ich eine Saccharosespaltung.
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Fruchtwasser »

Bei einem aufgespritteten Wein fehlt mir die fruchtige Note.
Für meinen Geschmack würde ich da noch ein bischen Fruchtsaft zugeben, damit es mehr in Richtung Likör geht.
Aber nicht zuviel, sonst wird der feine Weingeschmack überdeckt.

Liebe Grüße
felix
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von felix »

Okay, ich habe mich gerade mal noch etwas über Portwein schlau gemacht und da einen Portwein-Katalog eines südhessischen Getränkehändlers gefunden. Zu zahlreichen Weinen sind dort Angaben zum Zucker- und Säuregehalt zu finden. Die meisten Weine liegen dabei in einem Bereich von knapp 100 g/l Zucker und 3-5 g/l Säure - also erstaunlich wenig. Es muss daher etwas anderes sein, das den hohen Alkohol ausgleicht. Wenn ich nicht wüsste, dass es auch ausgewogene weiße Portweine gibt, würde ich auf den Gerbstoffgehalt tippen, mit diesem Wissen im Hinterkopf bin ich aber etwas ratlos.

Im Prinzip macht aber ein etwas höherer Säuregehalt bei Likörweinen nicht so viel in Hinblick auf den Magen, denn die trinkt man ja eher in homöopatischen Dosen. Gerade Eisweine kommen ja oft auf deutlich mehr als 10 g/l an Säure (und ich bin im Prinzip schon etwas empfindlich auf Säure)...

Gruß
Christian

PS: Bei meinem Beitrag oben meinte ich natürlich "50 g/l Zucker" und nicht "50 g/l Säure", das würde den stärksten Magen aus den Latschen hauen... irgendwie kann ich aber die älteren Beiträge nicht mehr bearbeiten...

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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

najanu, Portwein würde ich nicht gerade als typischen Likörwein bezeichnen. Und Eiswein trinkt man bei anderen Temperaturen als einen Port oder einen Likörwein, insofern hinkt auch der Vergleich.

Ein Likörwein ist in der Regel süß. Das reicht um den Alkohol zu entschärfen.
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Kirschwein »

Hab gestern nochmal ne kleine 100ml-Probe aufgespritet und aufgezuckert.

Diesmal warens so knapp über 19 Prozent auf die ich aufgespritet habe, und ich habe 75 g/l Haushaltszucker eingerührt.

Fazit: etwas milder das ganze; die knapp 2 Prozent weniger Alkohol merkt man durchaus ein bisschen. 75 g/l ist schon arg süß, aber nicht unangenehm. Zumindest in kleinen Mengen. Denke mal ne halbe Flasche davon würde ich wohl nicht am Stück trinken.

Den Rest der Probe werde ich jetzt mal ne Weile im Keller stehenlassen, mal sehen wie das ganze in ein zwei Wochen schmeckt...
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Wenn du eine halbe Flasche Likör am Stück trinken würdest müsste man sich ja Sorgen machen ;)
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Feonbaer »

Wie wäre es denn mit ausfrieren.
Also aus dem Wein einen Eisbock machen.
Das Prinzip beruht darauf, dass das Wasser im Wein einen niedrigeren Gefrierpunkt hat, als die Alkohollösung.
Es gibt dazu glaube ich auch genaue Tabellen.
Praktisch sieht es so aus, dass Du den Wein einfach in die Gefriertruhe stellst und dann das Eis, was sich bildet einfach entfernst.
Ich würde es so im Bereich von -5 bis -10 Grad machen.
Ich habe es selbst schon ein paar mal gemacht und finde es einfach am besten, wenn man etwas in Richtung Likör aus seinem Wein machen will.
Met, ein göttliches Getränk
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Re: Kirschwein zum Likörwein ausbauen

Beitrag von Fruchtwasser »

Feonbaer hat geschrieben:Wie wäre es denn mit ausfrieren. ... Das Prinzip beruht darauf, dass das Wasser im Wein einen niedrigeren Gefrierpunkt hat, als die Alkohollösung.
Funktioniert das wirklich?
Wasser und Alkohol gehen doch eine Verbindung ein. Diese läßt sich meines Wissens nur durch die unterschiedlichen Siedepunkte (Destillation) trennen.

Da würde mich fundiertes Wissen mit Quellenangaben interessieren.

Liebe Grüße
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